Die Lüneburger Heide

Ein Beitrag von Anna May, Annika Müller und Hannah Trampe

Die Lüneburger Heide

„Sie wußten nicht, wie schön die Heide spät im Herbst ist,

wenn ihr bräunliches Kleid mit sil­bernen Perlchen bestickt ist,

wenn die Moorhalmbüschel wie helle Flammen leuchten.“

Hermann Löns

Poetische Auseinandersetzungen mit der Lüneburger Heide gibt es viele: Theodor Storm, Annette von Droste-Hülshoff, Diedrich Speckmann, die Gebrüder Freudenthal und viele weitere brachten ihre Heideerlebnise zu Papier. Heinrich Heine fand wenig Gefallen an der Heidelandschaft und beschrieb sie als „flach und öde“. Besonders Hermann Löns, der bekannteste Bewunderer der Heide und „Heidedichter“ schlechthin, war ganz anderer Ansicht. Die Eindrücke seiner Gedichte, Lieder und Erzählungen haben das Bild der „lachenden, liedreichen Heide“ in den Köpfen der Menschen maßgeblich mitgeprägt. Sein Grabstein im Tietlinger Wacholderhain bei Walsrode erinnert an den Journalisten und Schriftsteller. Seine poetischen Umschreibungen machen einmal mehr deutlich, warum sich ein Ausflug in die Lüneburger Heide lohnt. Heute bietet die Heidelandschaft neben beeindruckenden Landschaftserlebnissen ein vielseitiges Freizeitangebot. In diesem Artikel wird die Lüneburger Heide mit vielen ihrer Facetten vorgestellt. Von der Entstehung dieser Landschaft über ihre heutige Flora und Fauna, ihre Naturschutzgebiete und einige ihrer touristischen Attraktionen werden einige bekannte Seiten sowie hoffentlich auch viel Neues und Wissenswertes dieser einzigartigen Landschaft beschrieben.

Typische Heidelandschaft © May/Trampe
Typische Heidelandschaft © May/Trampe

Eine Kulturlandschaft, entstanden durch Zerstörung

Wer an die Lüneburger Heide denkt, denkt sofort an die lila blühenden Heidepflanzen, den hellen Sand und Heidschnucken. Dass diese Landschaft nur durch den massiven Eingriff des Menschen entstehen konnte und bestehen kann, ist den meisten dabei vielleicht nicht bewusst. Auch wurde die Region nicht so genannt, weil aus ihr das Holz für die Befeuerung der Salinen (zur Herstellung von Salz) in Lüneburg stammte.

Die Region der Lüneburger Heide wurde von der Saale-Kaltzeit maßgeblich geprägt. Sie bedeckte die Region der heutigen Lüneburger Heide etwa zwischen 240.000 bis 130.000 v. Chr. mit einer dicken Eisschicht. Die Gletscher bewegten sich aus Skandinavien bis hin ins heutige Niedersachsen. Auf ihrem Weg transportierten sie Steine. Viele dieser Steine haben sich im Gletschertransport gegenseitig zermalmt und zu Sand zerrieben, Frostverwitterung durch Schmelzphasen und Wiedergefrieren – was auch heutzutage im Winter Straßen und Mauerwerk zusetzt – trug seinen Anteil dazu bei. Doch einige blieben ganz oder wurden nur teilweise zerkleinert. Diese Felsen lassen sich in der Lüneburger Heide heute in sogenannten Hünen- oder Hügelgräbern finden. Die Gletscher hinterließen nach ihrem Abschmelzen jedoch nicht nur die großen Felsen, die sogenannten Findlinge, sondern auch Unmengen an Sand. Besonders in den Regionen, in denen der Gletscher endete (Endmoräne) sammelte sich vor den Toren der Gletscher viel des Sandes, der unter und im Eis transportiert wurde (sogenannte „Sanderflächen“).

Diese sandigen Böden stellen besondere Anforderungen an die Pflanzen, die dort wachsen. Der Sand bietet zwar eine gute Belüftung des Bodens durch Hohlräume und eine hohe Wasserbeweglichkeit. Wasser kann in diesen Böden jedoch nur schwer gehalten werden. Sandige Böden neigen daher zu Trockenheit. Auch eine Nährstoffsicherung im Boden ist eher schwierig, da keine dicke Humusschicht gebildet werden kann. Trotz dieser erschwerten Bedingungen breiteten sich große Waldflächen nach dem Abschmelzen der Gletscher auf diesem Gebiet aus. In den Wäldern siedelten sich Menschen an und betrieben eine wenig ertragreiche Landwirtschaft. Um ihre Tiere (vor allem Schweine) ernähren zu können, trieben sie diese in den Wald. Dort richteten die Tiere verheerende Schäden an. Sie fraßen junge Triebe und die Samen der Bäume, sodass der Wald stark unter dieser Belastung litt. Zusätzlich dazu rodeten die Menschen den Wald, um das Holz zu nutzen und um neue Flächen für den Anbau ihrer Nahrungsmittel zu schaffen. Durch den Verlust der Bäume fehlte dem Boden der Halt und mit der zunehmenden Rodung des Waldes bildeten sich Auswehungsflächen und andernorts Sanddünen, die durch den Wind weiter vorangetrieben wurden. Ungeachtet dieser Folgen wurde der Wald immer weiter zurückgedrängt. Den Menschen blieb nichts anderes übrig, wollten sie weiterhin in dieser Landschaft überleben. Auf diesen zunehmend sandigen und nährstoffarmen Böden konnte sich die Heide ausbreiten. Erst durch die Zerstörung des Waldes wurde es der Heide ermöglicht sich in diesem Gebiet auszubreiten.

Bis ins 19. Jahrhundert wurde die sogenannte Heidebauernwirtschaft betrieben. Dabei wurde die erste Schicht des Bodens abgetragen, mit dem Dung der Tiere vermischt und anschließend wieder auf die Felder gebracht. Dieses Vorgehen war sehr aufwändig, körperlich anstrengend und wurde Plaggen genannt. Von diesem Wort leitet sich das noch heute gebrauchte Wort Plackerei ab. Das Plaggen sollte den Ackerboden auf den sogenannten Kampfluren („Kamp“ findet sich vielerorts bis heute in Flur- und Straßennamen) ertragreicher machen, ging damit aber zu Lasten der abgeplaggten Flächen, deren Nährstoffgehalt auf niedrigstem Niveau gehalten wurde. Unter diesen Bedingungen kommt es zur Erhöhung des Säuregehaltes im Boden, restliche Nährstoffe werden dann ausgewaschen und auch Eisen-Aluminiumoxide werden gelöst um einige Dezimeter verlagert. Dort, wo sie dann innerhalb des Bodens wieder ausfallen, bildet sich ein betonharter Horizont, der sogenannte Ortstein. Er ist nur noch schwer durchwurzelbar, selbst Pflugscharen können ihn kaum aufbrechen. Zusammen mit den sauren Böden waren das schlechte Voraussetzungen für eine Regenerierung des Waldes. Im 19. Jahrhundert verließen daher immer mehr Bauern die Region, da der Boden selbst mit Plaggendüngung nur geringe Erträge einbrachte, Rinder- und Schweinehaltung nur für den Eigenbedarf möglich war und die Schafzucht sowie Honigproduktion in den Heideflächen die Erlöse auch nur wenig zu steigern vermochten. Auf brachfallenden Flächen zeigte sich dann, dass der Wald sich doch wieder erholen und ausbreiten konnte. Anders als beispielsweise im Mittelmeerraum, wo die Römer den ursprünglichen Wald rodeten und keine natürliche Wiederbewaldung gelang, kann unter hiesigen Klimabedingungen der Wald also altes Terrain zurückerobern. Die Heide wurde nun ihrerseits zurückgedrängt, verstärkt durch die planmäßige Aufforstung zur Gewinnung von industriell verwertbarem Bauholz, und drohte zu verschwinden, was im frühen 20. Jahrhundert als kulturlandschaftlicher Verlust empfunden wurde – nachdem Jahrhunderte zuvor die Heide vor allem als tristes, kaum „verwertbares“ Ödland angesehen wurde.

Seit 1921 ist das Gebiet um Totengrund und Wilseder Berg als „Naturschutzgebiet“ ausgewiesen. Es war mit 20.000 Hektar das erste großflächige Naturschutzgebiet in Deutschland. Geschützt wurde das Gebiet durch Ankauf des Landes von privaten Heideliebhabern, die sich im „Verein Naturschutzpark e. V. (VNP)“ zusammenfanden. Bereits 1911 wurde ein Aufruf veröffentlicht, der auch heute noch aktuell scheint und eine neue Art des Naturschutzes begründete: „(…) Deshalb trachtet die moderne Naturschutzbewegung, alle Geschöpfe nach Möglichkeit zu erhalten. (…) Alles bildet ja ein zusammengehöriges, unauflösliches Ganzes, und eben dieses Ganze wollen wir erhalten. (…) Die neueste Richtung der Naturschutzbewegung geht deshalb darauf hinaus, Naturreservate zu schaffen.“ Bis heute ist der VNP größter privater Landbesitzer in Niedersachsen und betreibt auf seiner gesamten Fläche Naturschutz. In diesen geschützten Flächen kann die Heide bestehen. Doch dieser Fortbestand ist maßgeblich auf den teilweise massiven Eingriff des Menschen angewiesen.

Flora – was grünt und blüht denn da?

Die kurze Antwort darauf wäre: allerhand. Dabei soll es jedoch selbstverständlich nicht bleiben, denn die Lüneburger Heide ist keinesfalls nur Heide, sie ist in ihrer Form überraschend vielfältig.

Zunächst einmal ist festzuhalten, dass ihre natürliche Vegetation, festgemacht an den gegebenen Bodenvoraussetzungen, Hainsimsen-Buchenwald wäre. Das ist eine ganz artenarme Waldform, in welcher hauptsächlich Rotbuchen stehen. An allzu trockenen Stellen mit saurem Boden käme sogar eher Flechten-Kiefernwald vor. Allerdings ist diese Art der Vegetation nur selten vorzufinden. Begründet werden kann dies durch Nutzungseingriffe von Menschen, die die Entstehung von anderen Formen zur Folge hatten. 

Namensmutter Heide

Wacholder © May/Trampe
Wacholder © May/Trampe

Eine dieser Folgen war und ist die Heide. Obwohl sie namensgebend für das Gebiet ist, macht sie streng genommen lediglich 20 % des Naturschutzgebietes Lüneburger Heide aus. Mit ihren großen, zusammenhängenden Heideflächen ist sie trotzdem eine Naturlandschaft, die in ihrer Form einmalig ist in Mitteleuropa. Ein Zypressengewächs, das aufmerksamen Beobachtern in dieser Landschaft direkt ins Auge springt, ist der Wacholder.

Er scheint immer ein wenig einsam zu stehen, kommt mal meterhoch daher, mal im Strauch oder sich flach über den Boden windend. Doch allein ist er kaum, er bietet ein wunderbares Heim für Vögel und Insekten. Die entscheidende Pflanze in diesem Zusammenhang aber ist das Heidekraut. Dieses kann selbst auf dem nährstoffarmen und trockenen Boden wunderbar gedeihen. Es profitiert davon, dass der Boden locker ist und somit Wasser nicht lange speichern kann. Die Heidepflanzen senken außerdem den pH-Wert des Bodens, wodurch der Sand ausbleicht. Durch diesen Prozess kann der Heideboden wirken wie ein Sandstrand. Dieser wird zu einem lila Blütenmeer von Anfang August bis Mitte September.

Die Heidjer Faustregel für die Heideblüte besagt, dass diese vom 8.8. bis zum 9.9. eines Jahres zu bestaunen sei. Die Heidepflanze, die das Gebiet vorrangig prägt, ist die Besenheide (Calluna vulgaris). Ihren Namen hat sie daher, dass ihre Stängel früher zu Besen zusammengebunden wurden. Sie ist die einzige Art der Pflanzengattung Calluna, gehört zur Familie der Heidekrautgewächse und zur Ordnung der Heidekrautartigen. Heute ist sie zudem Hauptlieferant des Heidehonigs und Blume des Jahres 2019. Doch die einzige Heideform ist sie nicht, denn auch die Glocken-Heide (Erica tetralic) ist in der Lüneburger Heide beheimatet. Sie blüht kurz vor der Besenheide.

Um dieses Farbspektakel auch zukünftig bewundern zu können, sind Erhaltungsmaßnahmen unumgänglich. Die wohl bekannteste ist die Beweidung der Fläche durch Heidschnucken. Wächst und altert Heide, verholzt sie. Das gilt es zu verhindern. Idealerweise sollten, um sie frisch und dicht zu halten, die Pflanzen etwa 15 cm hoch bleiben. Dafür sorgen die Tiere durch das Verbeißen von Trieben. Bei dieser Arbeit unterstützt werden die Schnucken ab und an von Ziegen. Eine weitere Maßnahme ist das sogenannte Entkusseln. Bei diesem greifen Freiwillige, in diesem Fall menschliche, Helfer zu Spaten, Sägen oder Astscheren und rücken mit diesen aufkommenden Pionierbaumarten zu Leibe. Das müssen sie, da jene die Heide verdrängen würden. Das Recht des Stärkeren soll in diesem Gebiet nicht walten. Die dritte und letzte Maßnahme mag zunächst recht drastisch klingen: Abbrennen. Was radikal klingt, ist oftmals ein Segen für die Heide. Der Griff zum Feuer ist eine traditionelle Methode zur Pflege dieser. Überalterte Bestände werden restlos verjüngt, ihnen wird neues Leben eingehaucht. Voraussetzung hierfür ist eine genaue Planung, damit ein kontrollierter Brand entstehen kann. Den Brand selbst ertragen die Wurzeln größtenteils problemlos, in manchen Fällen steigen schon im darauffolgenden Jahr wieder kleine Triebe aus der Asche empor. Nur durch all dies, durchmischt und bewusst angewendet, kann die Schönheit dieser selten gewordenen Landschaftsform bewahrt werden. 

Trotz lauter Bäumen den Wald sehen

Einen weit größeren Teil der Gesamtfläche nehmen Wälder ein. Sie machen mehr als die Hälfte aus, ganze 58 %. Meistens sind es Kiefernforste, die im Bereich der Lüneburger Heide zu finden sind. Dieser Umstand geht darauf zurück, dass in der zweiten Hälfte des vorletzten Jahrhunderts auf Flugsanden und Heiden diese Baumart in Monokultur angepflanzt wurde. Zudem bewalden sich auch Dünen ab und an selbst mit Kiefern. Dieses Naturphänomen äußert sich beispielsweise in den Döhler Fuhren. Hier haben vor langer Zeit Samen ihren Weg durch Sanddünen gebahnt und es geschafft, dort wortwörtlich Wurzeln zu schlagen. Die künstlich angelegten Wälder jedoch bringen auch Probleme mit sich, denn die Bäume sind anfällig dafür, zu Sturmholz zu werden. Das bedeutet, dass sie nicht gut geschützt sind gegenüber Stürmen oder gar Orkanen. Brüche und Entwurzelungen können die Folge sein und schwere Konsequenzen mit sich ziehen, wie die Waldbrandkatastrophe im August 1975.

Neben Kiefern sind überdies auch viele andere Baumarten und Waldformen in dem Gebiet zu finden, welche einen Blick wert sind. Alte Traubeneichenbestände zum Beispiel. Solch ein Relikt königlicher Holzungen sind unter anderem die Hanstedter Berge. Interessant sind auch Stühbüsche, die stellenweise aufzuspüren sind. Mittlerweile ist der Unterschied kaum mehr zu erkennen, da der Vorgang eingestellt wurde, aber diese Bäume wurden im Niederwaldbetrieb unzählige Male geköpft und damit um ihre natürliche Form gebracht. Bei Wilsede sind außerdem die Reste eines von Buchen eingenommenen Hutewaldes zu bestaunen. Unter einem Hutewald ist ein Stückchen Wald zu verstehen, in welchem, wie es von Weiden bekannt ist, Vieh gehalten wurde.

Doch Wälder macht mehr aus als ihre Bäume. Sie beherbergen neben diesen unzähligen Pflanzenarten – auch solche, die gegen ihre Ausrottung zu kämpfen haben. Dazu zählen das Moosglöckchen, der sprossende Bärlapp und der Keulen-Bärlapp.

O schön ist’s über’s Moor zu gehn

  • Pietzmoor © May/Trampe
    Pietzmoor © May/Trampe

Tief im Westen der Lüneburger Heide befinden sich große Hochmoore. Dieser Bereich ist feuchter als der Rest, hohe Niederschlagswerte werden gemessen. So ist hier das Pietzmoor ansässig, das Grundlose Moor oder auch das Große Moor. Ersteres ist das größte aktive der drei und liegt südlich von Schneverdingen. Nachdem es entwässert worden war, wurde bis in die 1960-er Jahre hinein intensiv Torf abgebaut. Rund zwanzig Jahre nach dem Einstellen dieser Arbeit bemühte sich der Verein Naturschutzpark um die Wiedervernässung des Abstriches. Um eine solche zu bewirken, wurden Abflussgräben aufgefüllt, worauf sich das Wasser wieder sammeln konnte. Dennoch ist bis jetzt, über 30 Jahre später, noch keine typische Hochmoorvegetation zurückgekommen. Die Regeneration dauert an und ist keineswegs abgeschlossen.

Doch auch kleinere Moore sind zu finden, solche die in Erdfällen auftreten. Interessierte können sich diese bei Bomlitz oder auch Bokel anschauen, wo das kleine Wissahl und die Bullenkuhle liegen. In all diesen haben auch Pflanzen ein Zuhause gefunden, die als bedroht gelten. Dazu gehören die Glockenheide, der Lungen-Enzian oder die Moorlilie. All diese Pflanzen profitieren von dem Abbaustopp und den Bemühungen von Naturfreunden um eine Neubelebung des Moores.

Fauna – tierisches Leben zu Land, zu Wasser und in der Luft

  • Bienenkästen in der Lüneburger Heide © May/Trampe
    Bienenkästen in der Lüneburger Heide © May/Trampe

Die Lüneburger Heide ist die Heimat zahlreicher Tiere. Einst lebten Arten in ihr wie die Wisente, Elche oder Braunbären. Mittlerweile sind diese jedoch von der Bildfläche verschwunden und auch einige ihrer jetzigen Bewohner sind gefährdet. Wacker halten sich bis heute unter anderem eine Vielzahl an Insekten, allen voran die Biene, ein unentbehrlicher Bestandteil des Ökosystems der Heide. Heide und Bienen blicken auf eine langjährige gemeinsame Geschichte zurück. Die baumlosen Heideflächen sind wie geschaffen für die Imkerei, schon früheste Heidebauern erkannten dies. So waren Honig und Bienenwachs seit Anbeginn der Bewirtschaftung der Heide neben Heidschnuckenwolle wichtige Erzeugnisse dieser. Mit den Jahren aber verloren sie an wirtschaftlicher Bedeutung. Die Wolle der Heidschnucken wurde durch Merinowolle abgelöst, Bienenwachs für Kerzen durch Petroleum(leuchten) und Honig durch Rohrzucker ersetzt. Aus der Not heraus verkauften viele Bauern ihr Land, welches im Anschluss häufig aufgeforstet wurde. Ein Teil der Flächen fiel auch durch Verkauf oder Verpachtung an etwas wohlhabendere Bauern, die dann auf vergrößerten Arealen Maschinen und den aufkommenden Kunstdünger rentabler einsetzen konnten. Auch die Privatisierung der zuvor gemeinsam für das Plaggen und die Bienen genutzten Heideflächen, die sogenannte Allmendeteilung oder Verkoppelung, forcierte den Umbau zur modernen Agrarlandschaft mittels Getreide- und Kartoffelanbau. Im Zuge dessen verschwanden immer mehr Heideflächen von der Bildfläche, nicht nur in Deutschland, sondern in vielen Teilen Europas. Die althergebrachte Bewirtschaftung lohnte sich schlichtweg nicht mehr und Mineraldünger ermöglichte mit der Zeit den Anbau von Getreide und Kartoffeln, ungeachtet der eigentlich eher dürftigen Bodenqualität. Doch die Heide soll erhalten werden, darin sind sich diverse Schutzvereine, Anwohner und Liebhaber einig.

Um dies zu schaffen, spielen neben Insekten auch Säugetiere eine große Rolle. In diesem Zusammenhang ist der Blick auf Heidschnucken zu richten. Diese sind neben den anderen 38 in der Heide lebenden Säugetierarten zentral für den Erhalt der einzigartigen Landschaftsform. Über 9000 Heidschnucken in 13 Herden weiden hier Tag ein, Tag aus, an 365 Tagen im Jahr. Dies brachte ihnen den Spitznamen “Polizei der Heide” ein. Ihre Hütefunktion manifestiert sich hauptsächlich dadurch, dass sie junge Bäume verbeißen. Dadurch wird verhindert, dass sich Birken- und Kiefernwälder zu sehr ausbreiten. Außerdem sorgen sie dafür, dass die Heidepflanzen jung und kräftig bleiben. Zudem sind die Bienen auf sie angewiesen. Spinnen und ihre Weben werden von den Schnucken zerstört. So können die gelb-schwarzen Tierchen frohen Mutes ihre Runden fliegen und bestäuben, ohne in Gefahr zu geraten.

Gefährdet war zeitweise auch der Wolf, denn dieser wurde bis Mitte des 19. Jahrhunderts gejagt. Doch seit 2007 werden mittlerweile wieder freilebende Wölfe in der Region gesichtet.

Die Lüneburger Heide ist davon ab, ein Genuss für jeden, dessen Herz für Fledermäuse schlägt. Ganze acht Arten leben in ihr. Zu nennen sind hier beispielsweise die kleine Bartfledermaus, der große Abendsegler oder die Zwergfledermaus. Neben diesen fliegenden Gefährten leben zudem 189 Vogelarten in der Region. Typische Arten sind das Birkhuhn, der Ziegenmelker oder die Heidelerche. Besonders die sehr seltenen Birkhühner und Ziegenmelker scheinen sich pudelwohl zu fühlen, ihre Zahl steigt stetig, obwohl sie beide auf der Roten Liste stehen. In den Wäldern des Gebietes, an Stellen ohne viel Störung, leben zudem der Schwarzstorch, Kolkrabe, Raufußkatz, Hohltaube und die Waldschnepfe. Ornithologen, wie auch generell Naturliebhaber, wird indessen bekümmern zu hören, dass trotz diverser Anstrengungen selbst im Naturschutzgebiet einige Vogelarten verschwunden sind, auch solche, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch recht häufig waren. Zu ihnen gehören Triel, Kornweihe und Wiesenweige.

Die Übergangsbereiche zwischen Wald und Heide bieten indes den perfekten Lebensraum für viele Reptilien, Amphibien und Fische. In Deutschland leben insgesamt 14 Arten von Reptilien. Alle sechs, die in Niedersachsen zu finden sind, sind auch in der Lüneburger Heide vertreten. Drei von ihnen sind Eidechsen-, drei Schlangenarten. Die drei Letzteren sind die Ringelnatter, die Kreuzotter und die Schlingnatter und alle drei sind selten.

In den feuchten Grünlandgebieten leben davon ab viele Amphibien. So sind, geht man mit wachem Auge durch die Landstriche, unter anderem Grasfrösche zu finden, der europäische Laubfrosch und auch der Moorfrosch. An den Oberläufen von Bächen finden sich Feuersalamander und in den Bächen selbst zwölf Fischarten – auch solche, die in Niedersachsen mittlerweile als stark gefährdet einzustufen sind. Dazu zählen das Bachneunauge, die Elritze, die Bachschmerle und die Groppe.

Alles in allem kommen Tierliebhaber in der Lüneburger allemal auf ihre Kosten. Alles was es braucht, ist ein wachsamer Blick und ein behutsamer Gang durch diesen so bunten und wertvollen Lebensraum.

Aktivitäten und Attraktionen

  • Kutschwagen in der Heide © May/Trampe
    Kutschwagen in der Heide © May/Trampe

Ob Wandern, Radfahren, eine Kutschfahrt, ein Besuch im Tierpark, im Museum oder das Erkunden der Heideklöster – die Kulturlandschaft hat viel zu bieten.

Wilsede – romantisches Heidedorf mit Aussicht

  • Wilsede © May/Trampe
    Wilsede © May/Trampe

Für einen Tagesausflug ab Lüneburg empfiehlt sich ein Spaziergang rund um Wilsede. Der kleine Ort mit nur 40 Einwohnern und vielen denkmalgeschützten und reetgedeckten Häusern liegt mitten im Naturschutzgebiet der Heidelandschaft. Er ist nur per Kutsche, Fahrrad oder zu Fuß zu erreichen. Der beliebteste Ausgangspunkt für den Weg nach Wilsede ist Undeloh, der Spaziergang dauert etwas über eine Stunde. In Undeloh informieren aufgestellte Karten über die schönsten Spazierwege nach Wilsede, auch Kutschen und Fahrräder stehen zur Verfügung. Die Fahrt von Lüneburg nach Undeloh mit dem Auto dauert circa 40 Minuten. Die Anfahrt per Bahn und Bus dauert mit circa zwei Stunden wesentlich länger.

In Wilsede angekommen, lohnt ein Besuch des 1907 eröffneten Heidemuseum „Dat ole Huus“. Das historische Gebäude gibt einen Einblick in das Leben der Heidebauern und die Landschaft um 1850. Der benachbarte Ausstellungsschafstall Emhoff zeigt wechselnde Ausstellungen zu landschaftlichen Besonderheiten und zur Artenvielfalt im Naturschutzgebiet. Im Kräuter- und Gemüsegarten lassen sich von Frühling bis Herbst typische Pflanzen der Region finden. Führungen durch das Heidemuseum können mit geführten Touren durch die Ausstellungen des Emhoffs und durch den Ort Wilsede kombiniert werden. Hier gibt es weitere Informationen.

Im Herz der Lüneburger Heide / Bekannteste Landschaftspunkte

  • Wilseder Berg - der höchste Punkt des Norddeutschen Tieflandes © May/Trampe
    Wilseder Berg - der höchste Punkt des Norddeutschen Tieflandes © May/Trampe

Anschließend können von Wilsede aus zwei der bekanntesten Landschaftspunkte des Naturparks Lüneburger Heide erkundet werden: der Totengrund und der Wilseder Berg. Als „Herz der Heide“ gilt der Totengrund, einen Kilometer südöstlich von Wilsede. Dieses eiszeitlich entstandene Trockental mit Heide und Wacholder lohnt einen ersten Stopp des Spazierweges. Wie der Totengrundes zu seinem Namen kam ist umstritten. Eine häufig angeführte Erklärung verweist auf einen Brauch: Früher war es üblich die Verstorbenen auf einem gesonderten Weg durch das Trockental von Wilsede zum Friedhof in Bispingen zu überführen. Man glaubte, es bringe Unglück, wenn Tote und Lebende die gleichen Wege benutzten. Auch die Herleitung von „Toter Grund“, als Bezeichnung der Bauern für den unfruchtbaren Boden scheint wahrscheinlich. Namensursprung hin oder her, der Ausblick und die Wanderung rund um den Talkessel sind sehr beliebt. Noch höher hinaus geht es bei der „Besteigung“ des Wilseder Berges. Die Erhebung von circa 170 Metern bildet den höchsten Punkt des Norddeutschen Tieflandes. Der kleine Anstieg ist trotzdem leicht zu meistern, da schon das Umland 120 Meter erreicht. Die Erhebung bietet zu jeder Jahreszeit eine schöne Rundsicht auf die alte Kulturlandschaft. Bei klarem Wetter kann man die ganze Nordheide bis zu den Türmen Lüneburgs und Hamburgs überblicken. Berühmt ist der Berg nicht nur wegen der Aussicht, sondern auch durch den Mathematiker Gauß, der hier den Nullpunkt seines Koordinatensystems setzte und den Berg so zum wichtigen Stützpunkt der Landvermessung machte. Daran erinnert bis heute ein Gedenkstein am Wilseder Berg.

Essen fassen! – Die Heide kulinarisch

Heideprodukte direkt vom Erzeuger © May/Trampe
Heideprodukte direkt vom Erzeuger © May/Trampe

Für eine kleine Stärkung nach dem Spaziergang stehen in Wilsede eine handvoll Gasthäuser und Cafés zur Auswahl. Hier kann die Heidekultur kulinarisch erlebt werden: traditionelle Produkte der Heidewirtschaft wie Heidehonig, Heidschnuckenfleisch, Kartoffeln und Buchweizentorte kommen auf den Teller. Bei Bedarf ist hier auch eine Übernachtung möglich.

Wer etwas länger durch die Heide wandern will, kann seinen Rundgang auch direkt in Lüneburg oder in Egestorf beginnen und dem Pastor-Bode-Weg nach Wilsede folgen. Den Namen verdankt der Weg Heidepastor Wilhelm Bode aus Egestorf, der sich schon sehr früh für die Erhaltung der Heide einsetzte und den Weg unzählige Male gegangen sein muss. Der Weg umfasst insgesamt 44 Kilometer. Hier gibt es weitere Informationen.

In der Blütezeit ist Wilsede zweifelsohne fest in Touristenhand. Um die Heide, wie in vielen Dichtungen beschrieben, als ewige Weite und Einsamkeit zu erleben, eignen sich zahlreiche Wander- und Fahrradwege durch die umliegende Heidelandschaft. Die meisten Wanderwege sind weit voneinander entfernt, sodass das Landschaftserlebnis ungestört genossen werden kann. Auch in der Hauptsaison können hier stille Orte und Einsamkeit abseits des Massentourismus gefunden werden. Im Frühling und Herbst ist die Heide weniger „überlaufen“ und bietet trotzdem ein einzigartiges Farbspiel.

Fahrräder für die schönsten Radtour-Routen können in den meisten größeren Heideorten ausgeliehen werden, eine Übersicht dafür findet ihr hier. Auch für Wanderer und Fußgänger gibt es verschiedene Strecken und Wege durch die Natur der Heide.

Einer der bekanntesten Wanderwege Deutschlands führt in weiten Teilen durch die Heidelandschaft: der Heidschnuckenweg umfasst 223 Kilometer und gibt in mehreren Etappen einen umfangreichen Einblick in die Flora und Fauna der Heide.

Auch per Pferdekutsche kann die Heidelandschaft von verschiedenen Orten aus erkundet werden. Eine Übersicht informiert über die diversen Anbieter. Einen anderen Weg sich der Tier- und Pflanzenwelt der Lüneburger Heide zu nähern, bieten zahlreiche Naturerlebnis- und Museumsangebote in der Region, die für die ganze Familie geeignet sind. Das Heide-Erlebniszentrum in Undeloh hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Heide von der Entstehung bis zur heutigen Flora und Fauna begreifbar zu machen. Der Eintritt ist hier frei. Im Barfußpark Egestorf können unterschiedliche Naturböden der Heide mit den Füßen ertastet werden. Im Wildpark Lüneburger Heide und Wildpark Schwarze Berge können die heimischen Tiere aus der Nähe betrachtet werden. Wer sich für die Könige der Lüfte interessiert, kann im Greifvogel-Gehege Bispingen über 250 Vögel aus der Nähe bestaunen.

Zeugen vergangener Zeiten

Magdalenenkapelle in Undeloh © May/Trampe
Magdalenenkapelle in Undeloh © May/Trampe

Eine kulturelle Annäherung an die Geschichte der Heideregion ist durch einen Besuch der zahlreichen Kirchen, Schlösser und Klöster von überregionaler Bedeutung möglich. Wahre Kleinode sind die sprichwörtlichen „Kirchen im Dorf“ der idyllischen, kleinen Orte der Heide. Die Magdalenenkapelle in Undeloh ist ein gutes Beispiel. Von erhabener Größe ist hingegen der Backsteindom von Bardowick, dessen Anfänge bis ins 13. Jahrhundert zurückreichen. Auch die sechs nach der Reformation in Damenstifte umgewandelten Klöster der Lüneburger Heide bergen kunsthistorische Schätze. Die Klöster der Benediktiner- und Zisterzienser-Orden waren und sind seit dem Mittelalter Zentren der geistigen Überlieferung. Das Kloster Walsrode (984) ist mit über 1.000 Jahren das älteste unter ihnen. Hier können Einrichtungsgegenstände, Glasmalereien und ein Nonnenchor aus dem Mittelalter bewundert werden. In zeitlich absteigender Reihenfolge gehören auch Kloster Isenhagen (1243), Kloster Medingen (1228), Kloster Wienhausen (1221), Kloster Lüne (1172) und Kloster Ebstorf (um1550) zu den Heideklöstern.

Wer sich für noch ältere historische Relikte interessiert, kann in der Heide Hünen- und Hügelgräber aus der Stein- und Bronzezeit besichtigen. Die in der Steinzeit entstandenen Hünengräber tragen ihren Namen wegen ihres rechteckigen Grundrisses. Sie wurden von sesshaften Bauern ab 3000 v. Chr. aus Findlingen errichtet, die das Eis aus Skandinavien mitgebracht hatte. Seit der Bronzezeit wurde ihre Form hin zur Rundform verändert. Für diese Hügelgräber verwendete man kleinere Steine und ordnete diese in Kreisen an. In die Mitte kam der Sarg aus einem ausgehöhlten Baumstamm, der anschließend mit Erde bedeckt wurde, was die Hügel bildete. Im Naturschutzgebiet Lüneburger Heide gibt es viele Hundert dieser Gräber. Bekannte Hünen- und Hügelgräber können bei Amelinghausen, Altenmedingen, Rolfsen und im Kleckerwald bei Buchholz besichtigt werden. Auch auf dem Weg von Oberhaverbeck nach Wilsede, zwischen Wilsede und Döhle sowie zwischen Undeloh und dem Totengrund, sind Hügelgräber sichtbar. Wer sich näher für die Geschichte der Gräber und Findlinge in der Heide interessiert, kann sich in Museen und Findlingsgärten ein Bild machen. Die Oldendorfer Totenstatt und das archäologische Museum Oldendorf/Luhe zeigen beeindruckende Gräber und die ausgegrabenen Fundstücke aus der Totenstatt. Auch der Findlingsring bei Bleckede-Breetze ermöglicht historische Einblicke. Er ist in Form einer geologischen Uhr gestaltet, die Findlinge laden zum Durchschreiten der gesamten Erdgeschichte ein. Hier gibt es weitere Informationen.

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