Ein Beitrag von Jasmin Michelberger, Lisa Schwambach
Mit dem Rad auf den Spuren der wichtigsten Befestigungsanlage des Mittelalters
Wozu dienten eigentlich Landwehren und vor allem: warum hatte die Stadt Lüneburg gleich zwei davon? Gehen Sie auf eine Reise durch die mittelalterliche Landschaft zu Zeiten der glorreichen Handelsstadt und dem damit verbundenen Stapelrecht. Sie wissen nicht, was es mit diesem Recht auf sich hat? Auf diesen Seiten informieren wir Sie über alles Wissenswerte und schicken Sie auf eine Erkundungstour zu dem am besten erhaltenen Landwehrsystem ganz Niedersachsens! Die Landkarten können zusammen mit den Beschreibungen der Tourenvorschläge als PDF-Datei heruntergeladen und ausgedruckt werden.
Die Landwehr – was ist das eigentlich?
Jedes Kind kennt die imposanten Ritterburgen und Schlösser des Mittelalters aus Märchenbüchern. Doch wie steht es um Landwehren? Obwohl diese Wall- und Grabenanlagen im gesamten Bereich des spätmittelalterlichen Deutschlands im 13. und 14. Jahrhundert landschaftsprägende Erscheinungen waren, gehören sie heute zu den eher unbekannten Bauwerken.Nach dem einfachen Graben zählen sie als älteste Befestigungsform und konnten sogar bis zu 100 Kilometer lang werden. Auch heute noch lassen an manchen Stellen die typischen Silhouetten das Dasein der hintereinander gestaffelten Wälle erahnen. Alte Landschaftskarten zeugen ebenso von Landwehren, an anderen Orten erinnern nur noch Straßennamen, wie „Landwehrstraße“ in Osnabrück und Hannover an ihre längst vergangene Existenz oder andere Ortsbezeichnungen, im nahen Hamburg z. B. die Station „Landwehr“ der S-Bahnlinie 1.
Das Stapelrecht – kein Entrinnen vor den Hochstaplern
Am Aufbau ist bereits deutlich zu erkennen, dass die Wall- und Grabenanlagen als landschaftliches Hindernis funktionieren sollten. Neben der Stadtverteidigung dienten die Landwehranlagen für die Durchsetzung des sogenannten Stapelrechtes. Dieses Privileg galt besonders Städten mit günstigen wirtschaftlichen Lagen, die sich oft an Kreuzungen von Handelswegen befanden. In einer Stadt mit Stapelrecht waren vorbeiziehende Händler dazu verpflichtet, ihre Waren für eine bestimmte Zeit an einem festen Platz zum Verkauf anzubieten. Daraus zogen die Städte mehrfachen Nutzen, denn so konnten sie Wegzölle, Stapelzölle und andere Gelder verlangen und sich auf diese Weise an den Händlern bereichern. Um das Stapelrecht umzusetzen, hatten sich die Städte ein raffiniertes und für die fahrenden Händler recht freches System ausgedacht: Die Preise für den Verkauf der Produkte waren dabei nämlich von der Stadt festgelegt. Die Händler mussten also nicht nur ihre Waren weitaus günstiger verkaufen als an anderen Orten, sondern obendrein zusätzliche Abgaben für die Durchreise und die Bleibe zahlen. Aus diesem Grund versuchten natürlich einige Händler die Städte zu umfahren. Durch den Bau der Landwehren als Hindernisse konnten aber die Städte ihren Plan verhindern. Beim Einfahren durch die erste Passage in Richtung Stadt erhielt der Händler einen Passierschein, ähnlich einem Laufzettel. Damit wurde sichergestellt, dass er seine Waren auch wirklich für die vorgeschriebene Zeit zum Verkauf angeboten hatte. Auch das “Stapeln“, also der öffentliche Verkauf, wurde beaufsichtigt, sodass sich kein Händler davor entziehen konnte. Der abgestempelte oder unterzeichnete Passierschein musste beim Ausfahren der Stadt wieder vorgezeigt werden. Damit gab es keine Möglichkeit, das Warenangebot zu verhindern.
LandWEHR – zum Schutze der Stadt
Wie der Begriff „Wehr“ schon verraten könnte, war die Verteidigung ein weiterer wichtiger Grund für den Bau der Wall- und Grabensysteme. Die Landwehren waren an dieser Stelle wirksame Wegsperren für Reiter und Truppen, die in feindlicher Absicht in die Städte kommen wollten. In den Bereichen, wo Fernstraßen die Landwehren kreuzten, waren abschließbare Schlagbäume angebracht. Wachmänner auf Wehrtürmen hatten einen weiten Blick über die Straßen und konnten sich bei feindlichen Übergriffen mit Hörnern bei der Stadtbevölkerung rechtzeitig bemerkbar machen. In der Stadt wurde darauf eine Glocke geschlagen als Zeichen für die männliche Bevölkerung, sich für die Stadtverteidigung bereit zu machen. Somit dienten an dieser Stelle Landwehren als Frühwarnsysteme.
Zum anderen waren sie ebenfalls als Annäherungshindernisse bei Überfällen nützlich, die im Mittelalter im Zusammenhang mit Fehden besonders zahlreich waren. Wegen der wenig ausgeprägten Staatlichkeit bestand keine Rechtssicherheit insbesondere auf dem Land. Deshalb waren kämpferische Auseinandersetzungen zwischen Familien und Rittern zur Durchsetzung von Rechtsansprüchen an der Tagesordnung. Dies konnte mit Hilfe der Errichtung der Landwehren zum Teil verhindert werden. Erst mit der Organisation des Reichskammergerichtes im Jahre 1495 wurde ein ewiger Landfriede festgelegt und somit die Fehde als ein Rechtsmittel außer Kraft gesetzt.
Raffiniert und effektiv – Der Aufbau einer Landwehr
Ein Landwehrsystem verlief meist geradlinig und geschlossen in eine Richtung. Der Verlauf orientierte sich dabei meistens an bisher einfach abgesteckten Landgrenzen. Dabei bestand es aus zwei wichtigen Komponenten:
Hindernisse
Hindernisse in Form eines bepflanzten Wall- und Grabensystems bildeten den größten Teil der Landwehren. Dieses Wall- und Grabensystem wurde gelegentlich unterbrochen von Stauanlagen und natürlichen Hindernissen wie Steilhängen, Felsen oder Sumpfgebieten. Insgesamt hatte ein Landwehrsystem inklusive zweier Gräben eine ungefähre Durchschnittsbreite von etwa 18 Metern. An manchen Stellen baute man sogar Hindernissysteme aus 2 – 3 Landwehren hintereinander. Die ca. 8 Meter breiten Wälle waren teilweise auf der Innenseite, immer jedoch auf der Außenseite von ca. 5 Meter breiten Gräben begleitet. Im besten Falle waren diese Gräben bewässert. Die Erdwälle die durch das Ausheben der Gräben aufgehäuft wurden, baute man ca. 8 Meter breit und 1,5 – 2 Meter hoch. Durch die Kombination von Wall und Graben entstand ein Höhenunterschied von 3 – 4 Metern. Um ein Durchkommen zu erschweren, wurden die Wälle systematisch bepflanzt: Am Boden wuchsen Büsche wie Weißdorn, Rosen oder Brombeeren. Zusätzlich pflanzte man in regelmäßigen Abständen Bäume wie Hainbuchen, Eichen und Ulmen. Diese wurden allerdings auf einer Höhe von 1,5 – 2 Metern geschlagen. Die Triebe der Bäume schnitt man nahe des Stammes ein und verflocht sie mit denen des nächsten Baumes. So entstand ein – für Wagen und andere Gefährte – undurchdringliches Dickicht. Bis solch ein dichtes „Gebück“ den notwendigen Schutz garantieren konnte, brauchte es ungefähr 10 Jahre Pflege und Wachstum. Diese Pflege mussten die Stadtbewohner oder die jeweiligen Anlieger leisten. Auch später musste die Landwehr weiterhin regelmäßig durch Aufräumarbeiten instand gehalten werden. Dabei wurden die Gräben gesäubert und teilweise neu ausgehoben, die Gewächse wurden zurechtgeschnitten, tote Bäume wurden geschlagen und Lücken erneut bepflanzt. Damit diese Arbeit regelmäßig verrichtet wurde, gab es Kontrollen durch sogenannte Haingerichte. Zwar war diese Landwehrpflege zusätzliche Last für die Bewohner, jedoch muss man bedenken, dass sie letztendlich von einem funktionierenden Landwehrsystem auch profitierten.
Perfekte Kontrolle? – Überwachungsmechanismen des Landwehrsystems
Eine zweite wichtige Komponente der Landwehren waren die Überwachsungssysteme, die vor allem der Verkehrs- und Handelsüberwachung dienten. An strategisch wichtigen Punkten und großen Straßen befanden sich ca. 4 Meter breite Passagen, die durch Schlagbäume oder hölzerne Tore gesichert waren. An diesen Stellen wurden Kontrollen durchgeführt und Zölle verlangt. In der Nähe dieser Anlagen wohnte ein Schließer oder „Schlüter“, der die Passage abends verschloss. Bei Städten wie Lüneburg waren diese Orte durch richtige Befestigungen, meist durch Türme, gesichert. An einigen Passierstellen lagen auch Wasserburgen – einfache Burganlagen, die von einem Wassergraben umgeben waren. Sowohl in den Wehrtürmen als auch in den Wasserburgen wachte von der Stadt beschäftigtes Personal. Diese Landwehrknechte lebten in den Landwehrgebäuden selber oder in nahegelegenen Häusern. Um sich zu versorgen, bewirtschafteten viele von ihnen zusätzlich kleine Landstücke. Doch nicht nur Überwachungsgebäude befanden sich an den Hauptwegen. Um hungrige Reisende zu beherbergen oder verköstigen waren an den großen Handelspassagen auch Gastwirtschaften zur Einkehr oder Höfe gelegen.
Die Lüneburger Landwehr
Das Lüneburger Landwehrsystem zählte zu den etwa 600 Landwehren Niedersachsens, die zwischen Mitte und Ende des 14. Jahrhunderts angelegt wurden. Durch ihre ringförmige Anordnung um die Stadt und die natürlichen Annäherungshindernisse in Nord und Süd zählt die Lüneburger Landwehr zu den städtischen Landwehren. Das Besondere an ihr ist vor allem, dass sie zu den am besten erforschten und erhaltenen Landwehren Niedersachsens gehört. Die Hauptursache für die Erbauung der Anlage begründet sich mit dem Lüneburger Stapelrecht und dem damit verbundenen Versuch der reisenden Händler, dieses zu umgehen. Mit dem Ende der Erbstreitigkeiten zwischen den Adelsgeschlechtern der Askanier und der Welfen konnte Lüneburg als Stadt im Jahre 1392 erstmals seine eigenen Interessen durchsetzen. Durch die Erbfolge, welche schließlich zugunsten der Welfen ausgesprochen wurde, konnten zwischen dem Fürsten und der Stände neue Vereinbarungen getroffen werden. Der somit unterzeichnete „Sate-Brief“ (Sate = niederdeutsch für Vertrag) erlaubte Lüneburg die Anlage von Landwehren, Gräben und Schlagbäumen sowie den Ausbau von Wasserstraßen. Damit war auch zum ersten Mal ein Umfuhrverbot ausgesprochen worden, das auf dem im Sate-Brief enthaltenen Stapelrecht gründete. Es verbot von nun an den reisenden Händlern, die Stadt zu umfahren. Da das Stapelrecht wirtschaftlich äußerst bedeutend für Lüneburg war, war es dringend notwendig, ein Landwehrsystem zur Verhinderung der Umfuhr anzulegen. Gingen reisende Kaufleute trotzdem das Risiko ein, die Stadt zu umfahren, mussten sie damit rechnen im unwegsamen Gelände stecken zu bleiben. Aber auch bewaffnete Truppen liefen regelmäßig an den Anlagen Patrouille, was die Gefahr groß machte, erwischt zu werden. Deshalb blieb den Händlern keine andere Möglichkeit, als den Weg durch Lüneburg zu wählen und ihre Waren für drei Tage im städtischen Kaufhaus anzubieten – und dies gegen eine Gebühr für die sie selbst aufkommen mussten. Von diesem regen Verkehr profitierten nicht nur die Schmiede und die Sattler der Stadt. Auch die Herbergen und Gastwirtschaften erfreuten sich am regen Betrieb. In der Blütezeit des Fuhrgeschäftes war die Geschäftigkeit sogar so hoch, dass etwa zwei Drittel der Bürgerschaft Lüneburgs vom Warenverkehr leben konnten.
Zwischen den Jahren 1397 und 1484 begann Lüneburg mit dem Bau der alten Landwehr im Westen und der neuen Landwehr im Osten. Die vollendete Anlage bildete sich ringförmig mit einem Radius von 4-10 Kilometern um die Stadt herum, der Süden und der Osten sind zu manchen Teilen durch Bachläufe und Staudämme, die sogenannten nassen Landwehren, gebildet worden. Alle der passierbaren Durchlässe waren mit Schlagbäumen und Wachtürmen abgesichert.
Die Alte Landwehr – Massiver Schutz im Westen
Es ist selten und deshalb umso erstaunlicher, dass sich fast die komplette Strecke der alten Landwehr heute noch zu Fuß oder auf dem Fahrrad erkunden lässt. Ein Vorschlag für eine solche Tour soll im Folgenden beschrieben werden. Beginnend im Norden an der Ilmenau verläuft die alte Landwehr entlang der heutigen Ortsteile Landwehr, Vögelsen, Reppenstedt über Oedeme zur Roten Schleuse. Auf der Gesamtlänge dieser Strecke über 9 km ist das Bauwerk durch seine 4 Wälle und 5 Gräben im Durchschnitt 46 m breit. Somit waren die Ländereien der Westflanke geschützt und auch die westliche Umgehung der Stadt Lüneburg war für die damaligen Händler praktisch unmöglich.
Veranlasst wurde dieses beeindruckende Bauwerk zwischen 1397 und 1406 von dem damaligen Sodmeister Johann Semmelbecker. Es wurden möglichst wenige Passagen eingebaut um die Kontrolle und Effizienz des Schutzsystems zu garantieren. Im Norden führt eine solche Passage nach Hamburg über Bardowick, im Westen über Reppenstedt nach Bremen und im Süden kreuzt der Weg die Rote Schleuse Richtung Uelzen.
Tour 1: Auf den Spuren der Alten Landwehr
Länge der Tour: 20,2 km
Die „Alte Landwehr“-Tour beginnt direkt an der Ilmenau. Mit dem Fahrrad kann man beispielsweise direkt an der Brücke am Stint auf der Seite des Pons starten und den Treidelweg, der immer entlang der Ilmenau führt, etwa 4,5 km Richtung Norden folgen. Nachdem man unter der kleinen Eisenbahnbrücke hindurch gefahren ist, biegt man nach dem zweiten Linksknick der Ilmenau links auf einen bewaldeten Pfad. Dieser Punkt ist der Anfang der alten Landwehr (1). Kurz nach dem Einstieg auf den Landwehrpfad erreicht man die erste ursprüngliche Wegkreuzung Richtung Norden (2). Ganz in der Nähe, dieser Passage, etwas unterhalb, befindet sich die Goseburg (3). Sie ist die einzige noch vollständig erhaltene Wasserburg der Lüneburger Landwehr. Ein Exkurs zur Goseburg ist möglich indem man, anstatt weiter geradeaus zu fahren, zuerst links auf die Hamburgerstraße abbiegt und gleich danach wieder links abbiegt. Der Name dieses Weges bestätigt unsere Route – es ist der Landwehrweg. Am Ende des Landwehrweges stößt man auf den Goseburgweg, der wie der Name schon sagt zur Goseburg führt. Ebenfalls kommt man bei diesem Exkurs an die ehemaligen Standorte der Buntenburg (4) und der Papenburg (5) vorbei. Auf beide Wehrtürme weisen allerdings nur noch Straßennamen hin, da sie vollständig überbaut wurden.
Leider ist es nicht möglich an dieser Stelle den Weg über den Landwehgraben fortzusetzen, da die Kreuzung der Schienengleise entlang der Landwehr nicht möglich ist. Deshalb führt die Tour über die Hamburger Straße auf die Bernsteinstraße, welche die Gleise etwas südlich des ursprünglichen Verlaufes kreuzt. Auf der anderen Seite der Schienen angekommen, fährt man rechts einen Feldweg und nimmt gleich die nächste Abzweigung wieder rechts um bald wieder auf den bewaldeten Landwehrgraben zu gelangen. Ab hier ist trotz weniger Wegkreuzungen ein durchgängiges Befahren der Landwehr bis Reppenstedt möglich. In Reppenstedt lag die zweite Passage, die Richtung Bremen führte. Der Reppenstedter Wehrturm (6) und die Eulenburg (7), die sich hier befanden sind beide leider nicht mehr erhalten. Der Reppenstedter Wehrturm stand nördlich der Kreuzung und auf die Eulenburg deuten heute noch der Eulenbusch und der Eulenweg südlich der Kreuzung hin. Da es schwieriger ist, bewässerte Gräben zu überwinden, wurden in Reppenstedt Umbaumaßnahmen vorgenommen um den Landwehrgraben nass halten zu können. Dazu wurde an dieser Stelle der Bach „Kranker Heinrich“ in den Graben umgeleitet. Außerdem legte man zwei Stauteiche an, damit die ständige Wasserversorgung des Grabens garantiert war.
Ursprünglich verlief die Landwehr ab der Eulenburg in Reppenstedt entlang des ‚Kranken Heinrichs‘ Richtung Süden bis dieser in den Hasenburger Mühlenbach fließt. Ab dem Hasenburger Bach (8) stellten nicht mehr Wälle und Gräben das Haupthindernis dar. Ein System aus Staubeckensystem verhinderte das Durchkommen. Dieses System bestand aus fünf hintereinander liegenden Becken, die durch Staudämme, sogenannte „Schleusen“ aus Holz, getrennt waren. Durch diese ließ sich die Bewässerung der kompletten Strecke zwischen dem Kranken Heinrich und der Roten Schleuse im Süden regulieren. Da die Strecke entlang des ‚Kranken Heinrich‘ allerdings nicht befahrbar ist, führt die hier vorgeschlagene Tour über eine schöne Feldstrecke Richtung Oedeme auf die Originalstrecke zurück: In Reppenstedt biegt man am Kreisverkehr nicht zur ehemaligen Eulenburg ab, sondern nimmt erst die nächste Ausfahrt und folgt so quasi geradeaus der Straße 0,7 km bis zu einer Bedarfsampel an einer Einmündung. Dort geht rechts (nach Süden) der Schnellenberger Weg ab. Dieser Straße folgen Sie etwa 1,3 km bis Sie am Gut Schnellenberg vorbei gefahren sind und die zweite große Kurve passiert haben. An dieser Stelle führt zur Rechten ein Waldweg ab, der mit einem Naturschutzschild gekennzeichnet ist. Diesem Schaperdrift Weg folgen Sie und gelangen automatisch auf den Teichwiesenweg, dessen Namen noch auf die Stauteiche verweist.
Bald stoßen sie auf den Oedemer Weg, wo Sie sich rechts halten und sogleich auf der gegenüber liegenden Straßenseite in den Hasenburger Weg links (nach Süden) einfahren. Wenn man dieser Straße folgt, hat man rechterhand einen schönen Blick auf die breite Niederung des Bachtales. Nach etwa 1,3 km ist eine Kreuzung erreicht, die lange Zeit die Einzige war, um die Staubecken zu überqueren. Der Hasenburger Stauteich (9) von dem die hier liegende Hasenburg (9) umgeben ist, vermittelt einen kleinen Eindruck von den ehemaligen Stauanlagen. Bereits 1397 wird die Hasenburg in Schriftstücken erwähnt. Heute ist dies der einzige, noch erhaltene, Wehrturm der Landwehranlage. Auch befand sich hier lange Zeit der einzige Übergang über die Staubecken. In dem angebauten Gasthaus kann die Tour unterbrochen werden um sich, wie es damals die Wegreisenden taten, zu stärken oder gar zu übernachten. (Für weitere Informationen: http://www.hasenburg-lg.de). Die Hasenburgwirtschaft ist so gesehen ein historisches Erbe der früheren Gastwirtschaft.
Der letzte Abschnitt der „alten Landwehr“ Tour beginnt auf der gegenüberliegenden Straßenseite des Hasenburger Weges. In den Weg Am Eichenwald fährt man ein und folgt dem anschließenden Waldweg, der entlang des Hasenburger Bachtals führt. Ab 1545 war es auch möglich an der Wasserburg der mittleren Schleuse zu überqueren, die allerdings nicht mehr erhalten ist. Dennoch deuten Unebenheiten in der Umgebung auf die Passierstelle und das Gebäude hin. Nach einer Waldstrecke und einer Kreuzung der Neuhäcklinger Straße gelangt man zum Ziel dieser Tour, der Roten Schleuse (10). Neben einer Gastwirtschaft, die hier liegt, sind noch die Gräben der Wasserburg, die hier einst stand, erkenntlich. Auch diese Wasserburg selbst ist nicht mehr erhalten.
An dieser Stelle endet die alte Landwehr. Der Lüneburger Stadtkern ist zu erreichen, indem der Neu-Häcklinger Straße / Uelzener Straße und anschließend dem Stadtring, zusammen etwa 4,5 km, gefolgt wird.
Das letzte Schlupfloch und der Bau der tauben Landwehr
Lange existierte ein kleines Schlupfloch zur Umgehung Lüneburgs im Nordwesten der Landwehr zwischen dem Ortsteil Landwehr und dem Rader Bruch. Man kann sich gut vorstellen, dass die Händler jede Möglichkeit nutzen würden, die Stadt Lüneburg aufgrund der Einbußen durch das Stapelrecht, zu umgehen. Doch auch dieses letzte Schlupfloch wurde mit dem nachträglichen Bau der „tauben“ Landwehr „gestopft“. In ihrem Umfang und in der Bauweise ähnelt sie der neuen Landwehr. Sie ist nur 9 Meter breit im Durchmesser und besteht aus zwei Gräben. Die Vermutung liegt also nahe, dass sie erst im Nachhinein, ungefähr in der Mitte des 15. Jahrhunderts, gebaut wurde. Außerdem konnte zu dieser Zeit eine Landwehr allein keinen Schutz vor Übergriffen mehr garantieren, egal welche Ausmaße sie gehabt hätte. Daher war eine Durchschnittsbreite, wie der alten Landwehr hier nicht von Nöten. Das Ende der tauben Landwehr konnte offen auslaufen, da der Rader Bruch, in den die Landwehr überging, ein Moorgebiet und daher eine Durchquerung mit dem schmalen Radwerk der Karren unmöglich war. Mit Vollendung dieses Bauwerkes war das System der Handelskontrolle quasi perfekt.
Die Neue Landwehr – die östliche Einnahmequelle
Nachdem die Alte Landwehr etwa 70 Jahre zuvor angelegt wurde, entschied sich der Stadtrat im Jahre 1479 für eine zweite Anlage – die Neue Landwehr. Diese sollte später die östliche Grenze Lüneburgs markieren. Das Motiv für den Bau einer weiteren Anlage galt sehr wahrscheinlich nicht der Stadtverteidigung. Sie bestand nämlich nur aus einem Wall und zwei Gräben und konnte deshalb nicht mehr als ein großes Hindernis für Angreifer gedient haben. Da auch kurz darauf, im Jahre 1495, die Fehde als Rechtsmittel vom Landfrieden abgelöst wurde, hätte die Verteidigung keine größere Bedeutung mehr gehabt. Vielmehr hatte sie die Funktion der Erhaltung des Stapelrechtes, aus welchem Grund die Alte Landwehr zuvor errichtet wurde. Das Umfahren Lüneburgs über die leicht passierbaren Geestböden sollte hiermit im Osten vermieden werden. Gleichzeitig steckte die Neue Landwehr die östliche Grenze Lüneburgs ab, bis zu der die städtische Gerichtbarkeit reichte.
Tour 2 – Auf den Spuren der Neuen Landwehr
Die Fahrradtour der Neuen Landwehr beginnt südöstlich von Lüneburg in der Gemeinde Wendisch-Evern. Von der Dorfstraße (1), welche am nördlichen Ausgang des Ortes über Schienengleise führt, zweigt kurz hinter der Überführung ein Weg rechts ab. Dieser leitet parallel entlang der Schienengleise auf einer Brücke über den Elbe-Seitenkanal. Auf der anderen Seite angelangt, müssen die Schienengleise über einen kleinen Umweg weiter verfolgt werden. Hierzu wird zuerst der folgende Weg nach links genommen, um bei der nächsten Möglichkeit wieder rechts abzubiegen. Folgt man diesem Weg nun etwa 150 Meter, so fällt eine lange Front aus Bäumen und Gebüsch auf – dort endlich ist die Neue Landwehr (2) zu sehen. Sofort sind der typische Wall und die zwei dazugehörigen Gräben zu erkennen, die einst diese Anlage bildeten. In der Breite misst der Wall 7 Meter und in der Höhe 3,50 Meter. Inklusive der zwei trockenen Gräben ist die Anlage 24 Meter breit und mit einer länge von 14 Kilometern die längere der beiden Landwehren.
Die Neue Landwehr begann ursprünglich einige Kilometer weiter südlich, an der Dieksbeckquelle (3). Diese etwa 3 Kilometer südlich von Lüneburg gelegene Quelle besteht aus einem Damm- und Teichsystem, welche auch als „Nasse Landwehr“ bezeichnet wird. Zu Zeiten der intakten Anlage wurde der damalige Eimbach von fünf Stauteichen blockiert, weshalb er später seinen Namen „Diecksbeck“ (Teichsbach) erhielt. Nördlich von der Stauanlage, im Quellgebiet stand einst der Meinebecker Turm (4), der einen der drei Wege Richtung Uelzen absicherte. Auch heute noch weist der Name der Umgebung „Am Alten Turm“ auf diesen Standort hin. Aufgrund der gegebenen Vegetation und der Veränderung des Landschaftsbildes im Laufe von Jahrhunderten ist dieses Gebiet jedoch nicht mit dem Fahrrad erreichbar und ist mittlerweile ein Naturschutzgebiet.
Die Tour, die zu Beginn auf einem schmaleren Streifen aus Bäumen und Gebüsch startete, kann nun auf der Neuen Landwehr Richtung Norden weitergeführt werden. Die Anlage führt etwa 4 Kilometer durch ein Waldstück, bis der Weg an der Kreisstraße L221 endet. Biegt man von hier aus rechts ab, so gelangt man zur kleinen Gemeinde Neu Sülbeck. Von der L221 führt kurz darauf eine Straße nach links auf den circa 73 Meter hohen Bockhorn, auf dem sich ein nicht übersehbarer Sendemast befindet. Dieser Weg kreuzt nach nur ein paar Metern erneut die Neue Landwehr. Stellt man an dieser Stelle das Fahrrad ab, so kann man einen kleinen Waldweg, linkerhand gelegen, entlang auf eine Anhöhe steigen. Auf dieser Erhöhung stand einst der „Turm auf dem Bockhorne“ (5), der die Wege in Richtung Osten nach Magdeburg absicherte. Allerdings existierten dieser und der Meinebecker Turm bereits 1575 nicht mehr, da es womöglich zu teuer war, diese ständig zu besetzen. Um Räubern und anderen Verbrechern keinen Unterschlupf zu bieten, wurden beide vollständig abgerissen. Die Landwehr lässt sich noch für etwa 1,1 Kilometer bis nach Nutzfelde verfolgen. Dort endet die Tour auf einem Parkplatz.
Ursprünglich führte die Neue Landwehr weiter über Rullsdorf (6) und endete im Osterteich (7), einem früher fast 1,5 Quadratkilometer großen Stauteich. Trotz der zwei Teiche im nördlichen und südlichen Ende der Landwehr dürften die Staudämme jedoch nicht immer mit Wasser gefüllt gewesen sein, da die Geestböden in dieser Region eher trocken und sandig waren.
Und heute? – Über den schleichenden Zerfall und den Versuch, die Landwehren zu erhalten
Ab dem 17. Jahrhundert verloren die Landwehren zunehmend an Bedeutung. Die regionale Infrastruktur wurde besser ausgebaut und die Post erhielt ein Vorrangrecht. Dadurch wurde die Landwehr immer durchlässiger und Händler konnten die Stadt wieder umfahren. Spätestens als im 19. Jahrhundert dann das Stapelrecht im Zuge der Gründung des Deutschen Zollvereins 1834 und der Verkehrserschließung durch die Eisenbahn (für Lüneburg Anschluss an die Strecke Hannover – Harburg 1847) seine Funktion verlor, war die Landwehr bedeutungslos geworden.
Was vom Landwehrsystem übrig geblieben ist, kann man beim Spazieren oder bei einer der Radtouren entdecken. Leider verfielen die Schleusen und ebenso verschwanden große Teile der Wasseranlagen inklusive der Wasserburgen. Auch die meisten Wehrtürme wurden abgerissen und die Baustoffe wurden einfach für den Neubau anderer Gebäude wiederverwendet. Das Wall- und Grabensystem ist auf der Gesamtstrecke unterschiedlich gut bis gar nicht mehr erhalten: Durch den Bau von Verkehrsstraßen zu umliegenden Gütern und Ortschaften, wurde die Landwehr schon im 18. Jahrhundert immer „löchriger“ und auch der Siedlungsbau trug einen wesentlichen Teil zur Einebnung bei. Aufgrund der Forstwirtschaft veränderte sich bald die Vegetation der Landwehr. Da das Gebück heute natürlich nicht mehr regelmäßig gepflegt wird wie früher, wucherten die Pflanzen über die ganze Breite. Die Bäume wuchsen in die Höhe und nahmen den kleineren Pflanzen das Licht, wodurch diese verschwanden. Wie bei den meisten Landwehren entwickelte sich auch hier eine waldähnliche Umgebung. Laub und Äste füllen die Gräben mehr und mehr auf, sodass die Wälle und Gräben eingeebnet werden. Die Bodenerosion ist sicherlich kein Hauptgrund für die schleichende Einebnung – sie trägt jedoch auch dazu bei.
Trotz alledem ist die Lüneburger Landwehr im Vergleich zu anderen Landwehren in einem guten Zustand. Gerade deshalb ist es wichtig, ein umsetzbares Konzept zur Pflege und Konservierung dieses Erbstücks zu entwickeln. Mittlerweile steht die Landwehr unter Denkmalschutz. Doch leider wurden nicht alle ursprünglich dazugehörigen Elemente berücksichtigt. Dies liegt vor allem daran, dass Unklarheit darüber herrschte, welche Gebäude und Teile zum Landwehrsystem dazugehörten.
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