Ein Beitrag von Farina Stumpe
Lüneburgs flussgeprägte Umgebung erkunden
Lüneburgs Stadtbild und Geschichte sind besonders durch den Fluss, der die Stadt durchfließt, geprägt: Die Ilmenau, die vom Oberbürgermeister Ulrich Mädge im Jahr 2000 „Lebensader Lüneburgs“ genannt wurde. Sie ist mit ihren Nebenbächen das bedeutendste Fließgewässersystem in der Lüneburger Heide und bietet den Menschen unter anderem Trink- und Brauchwasser, Nahrung, Energie und Naherholungsmöglichkeiten. Sie stellt aber auch ein bedeutendes, naturnahes Fließgewässer-Ökosystem mit einer strukturreichen Talauenlandschaft, streckenweise standortgerechten Gehölzen sowie extensiv genutztem Feucht- und Nassgrünland mit gelegentlichen Überflutungen dar, das verschiedenen Schutzauflagen untersteht.
Die Ilmenau fließt aus dem Süden nach Lüneburg hinein. Zuvor durchfließt sie die Orte Deutsch Evern, Bienenbüttel, Bad Bevensen und Uelzen und entsteht durch den Zusammenfluss der Heidebäche Stederau, Gerdau und Hardau. Wenn sie im Norden wieder aus Lüneburg herausfließt, passiert die Ilmenau Bardowick, wird ab der Schleuse in Wittorf zum Ilmenau-Kanal, trifft nördlich von Winsen mit der Luhe zusammen und mündet wenige Meter weiter in die Elbe. Der Fluss ist 83 Kilometer lang und wird durch ein Einzugsgebiet von 2.852 Quadratkilometern gespeist. Die Ilmenau ist ein typischer Flach- oder Tieflandfluss. Als charakteristisches Heidefließgewässer verfügt sie über eine mittlere bis hohe Fließgeschwindigkeit. Durch den Zufluss von Grundwasser schwankt ihre Temperatur im Jahresverlauf nur wenig und ist als sommerkalt zu bezeichnen. Als Teil der Fließgewässergroßlandschaft „Tiefland (mit Börden)“ ist sie durch die Elster- und Saale-Eiszeiten geprägt.
Der offizielle Ilmenau-Radweg und weiterführende Informationen
Entlang der Flussaue führt ein 120 km langer Naturerlebnisradweg in vier Etappen von Bad Bodenteich durch Lüneburg bis nach Hoopte, wo die Ilmenau in die Elbe mündet. Dieser Beitrag macht den Abschnitt des Ilmenau-Radwegs zwischen der Roten Schleuse im Süden Lüneburgs bis nach Bardowick im Norden als Tagestour erlebbar. Er führt dabei mal am Flussufer, mal in Flussnähe durch Wälder, vorbei an Wiesen und verbindet einige der Points of Interest aus anderen Beiträgen des Lüneplaners, die jeweils verlinkt sind. Der Schwerpunkt der Betrachtung liegt in diesem Beitrag auf den naturräumlichen Gegebenheiten, die wir entlang des Weges vorfinden und den dahinterliegenden Bedeutungen für den Dreiklang nachhaltiger Entwicklung: Umwelt (Ökologie), Mensch (Soziales), Wirtschaft (Ökonomie).
Die Abschnitte, die dem offiziellen Ilmenau-Radweg linksseitig des Flusses folgen, sind nach den aktuellen ADFC-Richtlinien beschildert. Ergänzt werden sie durch eine genaue Beschreibung des Radweges, der den ausgewählten Abschnitt zu einer Rundtour mit zwei Schleifen verbindet. Durch die Achtführung lässt sich die Tour auch auf zwei Tage aufteilen und so persönlichem Bewegungsdrang und Interessen flexibel anpassen. Die südliche Schleife ist überwiegend waldig und umfasst einige spannende Naturinformationspunkte des offiziellen Ilmenau-Radwegs. Die nördliche Schleife ist auf dem Hinweg flussnaher und bietet mit der Ortschaft Bardowick einen Einblick in die europäische Route der Backsteingotik.
Die Ilmenau-Aue mit ihren Wiesen, Weiden, Sümpfen und Bruchwäldern sowie die dort lebenden Tiere und Pflanzen sind zu großen Teilen geschützt, weswegen für die Radwegausweisung weitgehend bestehende Wege genutzt und kaum neue angelegt wurden. Der Weg verläuft deswegen nicht immer direkt am Flussufer entlang, um die schützenswerte Natur, die man auf der Fahrt genießen möchte, nicht in Mitleidenschaft zu ziehen. Dadurch bietet er aber auch eine vielfältige Kulisse in den angrenzenden Landschaften. Bitte beachten Sie bei Ihrer Radtour deshalb die Beschilderung der Naturschutz- und Landschaftsschutzgebiete und bleiben Sie auf den Wegen!
Entlang des offiziellen Ilmenau-Radwegs finden sich an besonders charakteristischen Stellen Naturinformationspunkte mit Tafeln, vor allem auf dem Abschnitt der westlichen Südschleife. Die Schilder sind leider immer mal wieder von Vandalismus betroffen, auf die Informationen müssen die Radfahrer*innen dennoch nicht verzichten. Die Homepage des Ilmenau-Radwegs bietet alle Naturinformationstafeln, entsprechende Audiodateien und GPS-Daten zum Streckenverlauf als Download sowie eine interaktive Karte mit Radverleihen/Servicestationen, Sehenswürdigkeiten, Gastronomie, Rastplätzen und Schutzhütten sowie Unterkünften entlang der Strecke an.
Übrigens: Auch eine kombinierte Fahrrad-Kanu-Tour ist möglich, auf der man das Ökosystem Fluss noch näher erleben kann.
Die Südschleife: Geschützte Natur von europäischer Bedeutung verstehen
Machen wir uns auf den Weg auf eine Rundtour entlang des Ilmenau-Radwegs. Wir starten im Herzen Lüneburgs am Alten Kran mit Blick auf den Stintmarkt und den alten Hafen, wo in früherer Zeit die Güter auf die Ewer verladen wurden, um in Richtung Elbe verschifft zu werden. Von hier aus schieben wir unsere Räder ein kleines Stück über das Kopfsteinpflaster der Straße Am Fischmarkt und biegen nach rechts auf die Brücke über das Ilmenau-Wehr an der alten Abts- und Lüner Mühle ab. Heute befindet sich dort ein großes Hotel, das der Telenovela „Rote Rosen“ als Vorlage dient. Hier schwingen wir uns auf’s Rad und biegen in Richtung Süden nach links auf die Ilmenaustraße ein.
Mit Blick auf das Museum Lüneburg zu unserer Linken überqueren wir die Altenbrückertorstraße. Am Ende der Ilmenaustraße befindet sich links die Ratsmühle, die zum ersten Mal im Jahr 1332 urkundlich erwähnt wurde und zu unterschiedlichen Zeiten unter anderem zur Verarbeitung und Herstellung von Korn, Walk (gewebte Textilien), Öl und Papier genutzt wurde. Dort wurde auch ein Gestänge betrieben, mit dessen Hilfe die Sole auf dem Salinengelände aus der Erde gepumpt wurde. Die Pumpe diente ebenfalls dazu, Brauchwasser in den Wasserturm zu befördern, der sich zu unserer Rechten befindet. Auch heute wird die Wasserkraft hier genutzt, um Strom zu erzeugen.
Wasserkraft ist eine regenerative, emissionsfreie Energiequelle. Die Stauhaltung und die Querbauwerke, die dafür nötig sind, bilden im Ökosystem Fluss allerdings eine unnatürliche Barriere, die sich negativ auf die Ökologie des Gewässers auswirkt. Dies kommt in der Gewässerstrukturgüte zum Ausdruck, die die Naturnähe des Gewässerbetts samt seiner Aue in den Strukturgüteklassen (SGK) I (unveränderte Gewässerabschnitte/naturnah) bis VII (vollständig veränderte Gewässerabschnitte/übermäßig beschädigt) beschreibt. Die Ilmenau wird zwischen Uelzen und Lüneburg in die SGK III und IV (mäßig bis deutlich verändert) eingeordnet, unmittelbar südlich von Lüneburg ist sie aber teilweise nur gering verändert (SGK II). Im Stadtgebiet von Lüneburg beträgt die Gewässerstrukturgüte wegen der Wehranlagen und der Veränderung der Linienführung nur noch SGK V und VI (stark bis sehr stark verändert). Ab Wittorf weist sie den Charakter eines Kanals (SGK VII) auf.
Ein anderes System zur Bewertung von Fließgewässern ist das Saprobiensystem, das die Qualität des Wassers bewertet. Es wird in sieben Gewässergüteklassen von I (unbelastet bis sehr gering belastet) bis IV (übermäßig verschmutzt) sowie mit weiteren Zwischenstufen eingeteilt. Die Ilmenau wird oberhalb Lüneburgs (also in dem Teil, der vor der Stadt liegt) in Güteklasse II (mäßig belastet) eingestuft. Das heißt, dass dort eine mäßige Verunreinigung und eine gute Sauerstoffversorgung vorliegen, die sich positiv auf die „Artenvielfalt und Individuendichte von Algen, Schnecken, Kleinkrebsen und Insektenlarven“ sowie Fischen auswirkt. Nördlich Lüneburgs erhält die Ilmenau nur noch die Güteklasse II-III (kritisch belastet).
Nun haben wir uns ein Bild davon gemacht, was ein Fluss, der durch eine Stadt fließt, für die dort lebenden Menschen leistet, aber auch welchen Schaden er dadurch erleidet. Deshalb wollen wir uns jetzt ansehen, wie denn ein naturnaher Zustand aussehen kann und begeben uns vor die Tore der Stadt Lüneburg.
Durch einen Durchgang geht es ein kleines Stück auf einem Rad- und Fußweg bis ans Ende des Clamartparks. Hier nutzen wir entweder die Fahrradrinne der Treppe, um geradeaus nach unten in die Friedenstraße zu kommen oder fahren einen kleinen Schlenker nach rechts durch den Park, bis wir diesen rollend nach links verlassen können. Am Ende der Friedenstraße unterqueren wir die Wandrahmbrücke. Dahinter stoßen wir auf einen Biergarten mit der Möglichkeit, dort Elektrofahrräder aufzuladen. Kleiner Hinweis: Wir kommen hier am Ende der Südschleife wieder vorbei, falls dann Akku und menschliche Kräfte aufgeladen werden müssen.
Am Biergarten vorbei, folgen wir nicht dem Fahrradwegschild geradeaus, sondern biegen nach links ab, um näher am Ufer der Ilmenau zu bleiben. Dort kommen wir zunächst am Haus der DLRG und am Lüneburger Kanu-Club vorbei und fahren dann durch die Kleingartenanlage In der Kiepe, in der es ein paar wunderschöne Wassergrundstücke gibt. Wir unterqueren zwei Autobrücken, fahren nach rechts – weg vom Ufer, langsam durch die nächste Kleingartensiedlung und am Ende der Anlage geradeaus, um die Willy-Brand-Straße zu überqueren. Auf der anderen Straßenseite fahren wir nach links weiter, wo der Fahrradweg schnell hinter einer Straßenbegrünung verschwindet und biegen links unter die Brücke in Richtung Deutsch Evern ab.
Jetzt befinden wir uns auf dem offiziellen Ilmenau-Radweg, der von rechts aus der Richtung Innenstadt kommend auf eine T-Kreuzung trifft. Unter der Unterführung hindurch kommen wir an eine Fußgängerampel linksseitig der Hauptstraße. Wer einen ersten Blick auf die Ilmenau-Niederung werfen möchte, macht einen kurzen Abstecher nach links über die hölzerne Amselbrücke. Hier sehen wir, dass die Ilmenau überwiegend eine offene Talraumsituation aufzeigt. Sie wird von Menschen genutzt, denn wir finden Grünland und Weiden vor, die direkt bis ans Wasser reichen. Ursprünglich war fast ganz Mitteleuropa von Wald und Grünland bedeckt. Erst seit dem Mittelalter wurden Talauen von Menschen für die landwirtschaftliche Nutzung entwaldet, weshalb viele Lebensräume für spezialisierte Tier- und Pflanzenarten verschwunden sind.
Unser Weg führt an der Fußgängerampel geradeaus weiter und führt nach kurzer Zeit nach links in Richtung Deutsch Evern in den Wald hinein. Hier beginnt das Naturschutzgebiet „Ilmenauniederung mit Tiergarten“, an dessen Grenze wir uns auf dem größten Teil der Südschleife fortbewegen. Auf dem westseitigen Abschnitt der Südschleife, der nun folgt, erwarten uns die allermeisten der Naturinformationspunkte (NIP). Es lohnt sich also, immer mal wieder anzuhalten und zu genießen, dass wir die Stadt hinter uns gelassen haben und nun in die Natur eintauchen.
Lebensraum Flussaue
Wie wichtig naturnahe Ufer mit guter Wasserqualität für einzelne Tier- und Pflanzenarten sind, veranschaulicht das Beispiel des Eisvogels, der uns auf der Tafel des ersten Naturinformationspunkts (NIP 22) vorgestellt wird. Er benötigt über den Fluss ragende Äste als Sitzwarte sowie klares Wasser, um seine Nahrung zu fischen. In einem intakten Auwald, in dem Gehölze bis ans Ufer wachsen, ist das kein Problem. Auwälder wuchsen ursprünglich überall entlang von Flussniederungen, die den wechselnden Wasserständen der Fließgewässer ausgesetzt waren und zählen zu den artenreichsten Lebensräumen Europas, wie wir auf der nahegelegenen nächsten Tafel (NIP 21) erfahren. Durch wechselnde Wasserstände und dicht nebeneinander bestehende, kleinräumige Standorteigenschaften bilden sich Lebensräume für unterschiedliche Lebensgemeinschaften heraus.
Heute sind nur noch auf 13 Prozent der ursprünglichen Flächen Auwälder vorhanden, der größte Teil der Auen besteht aus Grünland. In den rezenten (also in den heute noch von Überschwemmungen betroffenen) Auen bestehen daraus 50 Prozent der Fläche. Hierbei handelt es sich um Kulturflächen, deren Fortbestand abhängig von einer regelmäßigen Weide- oder Mahdnutzung ist. Die Nutzungsintensität wirkt sich dabei aber stark auf die Pflanzen- und Tierwelt aus. Durch Eindeichungen und andere Hochwasserschutzmaßnahmen sind allerdings zwei Drittel der ehemaligen Überschwemmungsgebiete in Deutschland verloren gegangen. Die meisten davon an den großen Flüssen wie Elbe und Rhein, an denen nur noch 10-20 Prozent der ursprünglichen Fläche erhalten sind. Da die Überschwemmungsflächen durch die Speicherung enormer Wassermengen aber auch eine natürliche Hochwasserschutzfunktion hatten, fehlt diese Kapazität in eingedeichten Flüssen, um das Wasser zu verteilen und ihre puffernde Wirkung zu entfalten.
Neben ihrer Funktion als Lebensraum für hoch spezialisierte Tier- und Pflanzenarten sowie als Wasserrückhalt bei Hochwasserereignissen dienen Flussauen aber auch als Kohlenstoffspeicher. Außerdem erfüllen sie eine Funktion als Filter und Senken für Sedimente sowie gelöste Stoffe und speisen das Grundwasser. Diese Funktionen von Naturräumen, die einen Mehrwert für den Menschen erbringen, nennt man auch Ökosystemdienstleistungen. Sie teilen sich in Basisfunktionen (z. B. Bodenbildung, Primärproduktion von Sauerstoff durch Photosynthese), Versorgungsleistungen (Nahrungsmittel, Trinkwasser), Regulierungsleistungen (Hochwasserschutz, Rückhalt von Treibhausgasen, Wasserreinigung) und kulturelle Leistungen (Erholungsfunktion, Informationsfunktion z. B. für die Wissenschaft) ein. Als Grundlage all dieser Ökosystemdienstleistungen gilt die Habitatfunktion, also ein intaktes Ökosystem mit der darin erhaltenen biologischen Vielfalt.
Radeln wir langsam weiter, erblicken wir bald eine steile Treppe aus Holzbohlen. Hier lohnt es sich, einmal kurz abzusteigen und den Weg nach oben zu gehen. So können wir ganz deutlich erleben, was uns der nächste Naturinformationspunkt erklärt, der etwas weiter unten auf uns wartet (NIP 20). Die Tafel veranschaulicht die geomorphologische Formung der Landschaft, die wir durchfahren. Die sandigen Gletscherablagerungen der Geest, die neben uns steil aufragen, wurden von der Ilmenau bis zu 20 Meter tief eingeschnitten.
Weiter entlang des Wegs entfernen wir uns vom Ufer und an der nächsten Kreuzung, an der wir nach links in Richtung der Auwiesen abbiegen, verändert sich die Landschaft. Wir verlassen die Geestkante und den Wald. Links von uns erstrecken sich weitläufige Wiesen und Weiden, die vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) gepachtet und betreut werden. Die nächste Tafel (NIP 19) klärt uns auf, dass die hier grasenden Rinder Wiesenschutz betreiben. Feucht- und Nasslandwiesen, wie wir sie hier vorfinden, weisen einen hohen Grundwasserstand auf. Sie beherbergen eine hohe Vielfalt von Pflanzen und Tieren, beispielsweise Wiesen- und Weidevögel, die hier brüten und sich von Tieren ernähren, die auf Wasser angewiesen sind.
Solche Flächen wurden in der Vergangenheit zur intensiven landwirtschaftlichen Nutzung oft Bodenverbesserungsmaßnahmen unterzogen, die die Bewirtschaftung erleichtern und die Erträge erhöhen (z. B. Drainage, Düngung), allerdings negative Folgen für die Lebensbedingungen der heimischen Arten haben. So wirkt sich der frühere Grasaufwuchs für am Boden lebende und brütende Vögel hinderlich auf das Durchschreiten der Vegetation aus. Trockenere Böden erschweren das Stochern nach Nahrung. Durch die intensive Düngung von Grünlandflächen setzen sich außerdem andere Pflanzenarten durch, was dazu führt, dass artenreiche Kräuterwiesen und die auf die Pflanzen angewiesenen Insekten verdrängt werden. Andererseits würden die Flächen ohne Bewirtschaftung verbuschen oder zu Hochstaudenfluren werden. Eine extensive Weidewirtschaft, wie wir sie hier sehen, hält die Landschaft also offen und erhält damit die Standortbedingungen, an die die spezialisierten Tier- und Pflanzenarten der jahrhundertealten Kulturlandschaft angepasst sind.
An der nächsten Abzweigung gibt es die Möglichkeit, nach links Richtung Fluss abzubiegen, um somit eine Abkürzung über die Teufelsbrücke zu nehmen. Der eigentliche Ilmenau-Radweg führt weiter geradeaus bis zur nächsten Abzweigung, wo sich eine schöne Rastmöglichkeit bietet. Wenn wir den rechten Weg zurück in Richtung Wald einschlagen, kommen wir nach einer Weile an die Internationale Handwerkerbrücke, die 2018 von etwa 50 Handwerker*innen aus neun Nationen in Handarbeit mittels traditioneller Handwerkstechniken und Werkzeuge errichtet wurde. Über die überdachte Brücke überqueren wir den von rechts kommenden Hasenburger Bach, der südwestlich von Lüneburg in der Nähe der Ortschaft Embsen entspringt und durch den weitgehend naturnahen Laubwald mäandriert. Sein Einzugsgebiet umfasst etwa 88 Quadratkilometer.
Rechts von der Brücke befindet sich die einzige erhaltene historische Postweg-Furt des Landkreises Lüneburg. Auf der anderen Seite finden wir den nächsten Naturinformationspunkt (NIP 18) über die Lüneburger Landwehr, ein künstliches Sperrsystem aus Wällen und Gräben, das Kaufleute im Mittelalter dazu zwang, die Stadt zu durchqueren und dort ihre Waren anzubieten sowie Gebühren für die Nutzung der Fahrwege zu entrichten.
Entlang des Hasenburger Bachs zu unserer Linken, gelangen wir wieder an die Ilmenau. An der Mündung des Hasenburger Bachs befindet sich noch eine schöne Rastmöglichkeit mit einem Holztisch und Bänken. An dieser Stelle berühren sich die 2007 eingerichteten Naturschutzgebiete „Lüneburger Ilmenauniederung mit Tiergarten“ und „Hasenburger Bachtal“, die sich neben zahlreichen weiteren Natur- und Landschaftsschutzgebieten zum Teil mit dem 2004 anerkannten Fauna-Flora-Habitat-Gebiet „Ilmenau mit Nebenbächen“ decken.
Das europäische Schutzgebietsnetz Natura 2000
Fauna-Flora-Habitat-Gebiete (FFH-Gebiete) sind, wie uns auch der Naturinformationspunkt (NIP 17) an der nächsten Ecke (an der wir uns rechts halten) erklärt, europäische Schutzgebiete, die zusammen mit den Vogelschutzgebieten das Schutzgebietsnetz Natura 2000 bilden. Dieses ist das „Kernstück der EU-Politik für biologische Vielfalt“. FFH-Gebiete werden europaweit von den Mitgliedstaaten auf Flächen ausgewiesen, auf denen sich schützenswerte Lebensraumtypen oder Arten finden. Der Anhang I der europäischen Richtlinie führt 231 Lebensraumtypen auf, von denen 91 in Deutschland vorkommen. Von ca. 1080 schützenswerten Tier- und Pflanzenarten kommen 229 in Deutschland vor. 15 Prozent der Fläche Deutschlands sind als FFH-Gebiete an die EU gemeldet worden. Bis in die 1980er Jahre standen in Zentraleuropa nur zwei Prozent der Fläche unter Schutz. Die Auswahl ging größtenteils auf frühere Jagdinteressen von Fürstenhäusern zurück.
Die 1979 erlassene Vogelschutzrichtlinie sowie die 1992 erlassene FFH-Richtlinie beruhen hingegen auf einer systematischen, wissenschaftlichen Begründung und wurden mit dem Ziel verabschiedet, den ständigen Verlust an biologischer Vielfalt bis 2010 zu beenden. Neben dem Instrument des Gebietsschutzes weist die FFH-Richtlinie auch noch spezielle Artenschutzmaßnahmen gegen Störung, Handel oder Jagd auf sowie Auflagen für die Entnahme und Nutzung von Tieren und Pflanzen aus der Natur. Diese internationale Schutzgebietskategorie ist im Vergleich zu den nationalen Schutzgebieten (Naturschutzgebiete, Nationalparke, Landschaftsschutzgebiete u. a.) relativ unbekannt. Teilweise decken sich die Gebiete in ihren Flächen.
Das FFH-Gebiet „Ilmenau mit Nebenbächen“ umfasst neben den Naturschutzgebieten „Lüneburger Ilmenauniederung mit Tiergarten“ und „Hasenburger Bachtal“ noch elf weitere, dazu 14 Landschaftsschutzgebiete sowie weitere Schutzgebiete. Die Schutzwürdigkeit bezieht sich auf 21 Lebensraumtypen, beispielsweise Magere Flachland-Mähwiesen, Hartholzauenwälder und Fließgewässer mit flutender Wasservegetation, sowie auf elf Arten, wie Fischotter, Kammmolch, Flussneunauge, Flussperlmuschel und Grüne Keiljungfer (Libelle). In Deutschland liegen 702 FFH-Gebiete vollständig oder teilweise innerhalb der morphologischen (ursprünglichen, heute aber zum Teil künstlich von der Überflutung abgeschnittenen) Flussauen. Das macht 50 Prozent der Auen aus. Ihr Erhaltungszustand ist aber meist als „unzureichend“ bis „schlecht“ gekennzeichnet.
In den rezenten Auen liegt auf über der Hälfte der Flächen eine intensive bis sehr intensive Nutzung vor. Sie gehören damit zu den am stärksten bedrohten Lebensräumen Deutschlands und weisen hohe Zahlen an bestandsbedrohten Arten und Lebensräumen auf. Das FFH-Gebiet „Ilmenau mit Nebenbächen“ nimmt dabei eine besondere Stellung für das Vorkommen von Erlen-Eschen-Auwäldern und Weiden-Auwäldern ein. Ihr Erhaltungszustand ist zwar als „unzureichend“ klassifiziert, sie besitzen allerdings trotzdem einen hohen Wert. Vor allem an frei fließenden Flussabschnitten gibt es noch als „gut“ oder „sehr gut“ zu bewertende Bereiche. Diese sind allerdings häufig nur sehr klein und zerstückelt. Hier wären Maßnahmen hilfreich, die vereinzelten Lebensräume wieder zu größeren Biotopverbünden zu entwickeln.
In Landschaftsbereichen, die als FFH-Gebiete gekennzeichnet sind, gilt ein Verschlechterungsverbot, das sich auf den gemeldeten Zustand der Lebensraumtypen und Arten bezieht. Eine menschliche Nutzung ist damit aber nicht ausgeschlossen. In manchen Fällen ist sie sogar notwendig, wie bei der Offenhaltung des Grünlands durch Beweidung sichtbar wird. Auch die Nutzung zur Naherholung und für den Tourismus soll nicht ausgeschlossen werden, da Naturerlebnisse und Umweltbildung einen wichtigen Beitrag leisten, um die Schutzbereitschaft innerhalb der Bevölkerung zu stärken. Allerdings ist dazu eine Besucherlenkung nötig, um besonders sensible Bereiche zu schützen. Auch deshalb verläuft der Ilmenau-Radweg hier nicht überall direkt am Ufer entlang.
Wirtschaftliche Nutzungen, die vor der Ausweisung des FFH-Gebiets bestanden und dem Schutzzweck nicht entgegenwirken, sind ebenfalls weiterhin erlaubt. Außerdem können nach einer umfangreichen FFH-Verträglichkeitsprüfung auch neue Nutzungen zugelassen werden, die sich nicht negativ auf den Schutzzweck auswirken, von öffentlichem Interesse sind und für die es keine zumutbare Alternative gibt (z. B. der Bau von Straßen). Der Umgebungsschutz gilt auch für Maßnahmen, die außerhalb der FFH-Fläche liegen, sich aber indirekt auf diese auswirken, beispielsweise die Entnahme von Grundwasser. In manchen Fällen müssen dann spezielle Ausgleichsmaßnahmen durchgeführt werden, die dazu dienen, die Lücken im Natura-2000-Netzwerk zu schließen.
Der Schutz der FFH-Gebiete wirkt unmittelbar durch die europäische Richtlinie, soll aber in nationales Recht umgewandelt werden, wie es auch bei der Bekräftigung des FFH-Gebiets „Ilmenau mit Nebenbächen“ durch die spätere Ausweisung der Naturschutzgebiete der Fall war. Dies muss nicht immer durch die Ausweisung eines nationalen Schutzgebiets passieren, sondern kann zum Beispiel auch durch Vertragsnaturschutz mit den Landwirt*innen geschehen, die die Flächen bewirtschaften, oder wie hier durch die Verpachtung an einen Naturschutzverein. Welche Form sich am ehesten eignet, ist im Einzelfall zu entscheiden. Ein bewährtes Mittel diese Entscheidung zu unterstützen, ist die Erarbeitung eines Managementplans, an dem alle betroffenen Nutzungsgruppen beteiligt sind. Für das FFH-Gebiet „Ilmenau mit Nebenbächen“ ist dieser seit 2016 in Arbeit.
Kurz bevor wir an der Roten Schleuse aus dem Grün des Waldes auftauchen und uns der motorisierte Verkehr der Landstraße kurz aus der Idylle reißt, treffen wir auf unseren vorerst letzten Naturinformationspunkt (NIP 16). Er erinnert uns, dass die Ilmenau, der wir durch die Natur gefolgt sind, nicht nur von hohem ökologischem, sondern auch ökonomischem Wert ist, insbesondere für die Städte, die sie durchfließt. Unsere Tour veranschaulicht uns somit auch, wie eng verzahnt unser wirtschaftliches Handeln mit unseren natürlichen Ressourcen ist.
Nun überqueren wir die Ilmenau über eine Brücke, biegen aber gleich wieder nach links ab. Hier verlassen wir den offiziellen Ilmenau-Radweg und ignorieren das Radwegschild, das auf der anderen Straßenseite nach rechts zeigt. Stattdessen biegen wir nach links auf den etwas unterhalb liegenden Parkplatz ab und können nun auf dem Weg zurück Richtung Lüneburg die vielen Informationen sacken lassen, die wir bisher gesammelt haben.
Nun können wir wählen, ob wir den breiten Weg geradeaus nehmen (für Fahrten mit Anhänger und Stoßempfindliche empfohlen) oder aber leicht links etwas näher am Waldrand entlangfahren, der hier etwas lichter wird und wo wir mit etwas Glück Pferde auf den Ilmenau-Weiden entdecken können.
Auf unserem weiteren Weg treffen wir dann auf eine Kreuzung, von der aus links die Teufelsbrücke liegt (über die wir auf dem Hinweg hätten abkürzen können). Diese hat 1893/94 der „Lüneburger Verschönerungsverein von 1887“ errichten lassen, um Spaziergänge vom sumpfigen Düvelsbrook („Teufelsbruch“, linksseitig der Ilmenau) in das Waldgebiet Tiergarten (rechtsseitig der Ilmenau) zu erleichtern. Der Name „Tiergarten“ deutet auf die historische Nutzung des Waldes als Hutewald hin. Nutztiere wurden im Herbst in den Wald getrieben, um sich an den Früchten von Eichen und Buchen satt zu fressen. Diese Bäume erkennt man an kurzen Stämmen und breiten Kronen, denn so konnten sie viele Früchte ausbilden. Die Kiefern, die hier für die Waldwirtschaft angepflanzt wurden, sollen langfristig wieder durch standortgerechte Laubgehölze abgelöst werden, um einen naturnahen Laubwald entstehen zu lassen.
Wir fahren nicht über die Teufelsbrücke, sondern geradeaus über die kleine Holzbrücke weiter durch den Wald oder eine Abzweigung weiter auf dem breiteren Weg (bzw. geradeaus, wenn wir zuvor schon den breiteren Weg gewählt haben). Hier gilt, wie auf dem Abschnitt davor: Links halten heißt näher am Ufer, aber auch holpriger und deutlich schmaler. Nach einem kleinen Stück führt unser Weg nach links noch einmal aus dem Wald heraus, direkt am Ufer entlang über die Poggenwiese, an die sich ein kleiner, nässeliebender Schwarzerlen-Bruchwald anschließt. Dahinter rückt die Talkante der Geest wieder näher.
An einem kleinen Steg vorbei, geht es nun für alle nach links zur „Lüneburger Loreley“. Dort markiert ein Stein einen Platz mit Rastmöglichkeit, der eine schöne Aussicht über den ausgeprägten Mäanderbogen mit dem steilen Prallhang auf unserer Seite des Flusses und dem flachen Gleithang auf der anderen Seite bietet. Dort sind auch Flussschleifen sichtbar, die durch die natürliche Dynamik des Wassers entstehen. An der Außenseite des Mäanders ist die Fließgeschwindigkeit höher und trägt somit durch Erosion Material ab. Auf der innen liegenden Seite der Kurve ist die Fließgeschwindigkeit niedriger, wodurch sich auch die Transportkraft des Wassers verringert und mitgeführte Sedimentpartikel wieder abgelagert werden.
Nun überqueren wir auf einer kleinen Holzbrücke den Lausebach. Links des Weges wird die Urlandschaft eines Bachauenwalds sichtbar, die sich auf den dortigen Schwemmfächer gebildet hat. Der nährstoffreiche Gleyboden ist nass und enthält viele mineralische Anteile aus Sand, Schluff und Ton und dient als Heimat für Schwarzerle.
Folgen wir dem weiteren Ilmenau-Rundweg, wird bald darauf wieder die Zivilisation sichtbar. Rechts der Allee, die wir befahren, steht eine Neubausiedlung, die auf einem ehemaligen Sportplatz entstanden ist. Links erstreckt sich noch einmal ein größerer Teil Auwiese. Wir verabschieden uns vom natürlichsten Abschnitt der Tour und für ein kleines Stück auch von der Ilmenau. Wenn wir nun aus dem Wald auf die Straße Amselweg treffen, fahren wir nach rechts, biegen links in den Spechtsweg ab und an der Ampelkreuzung nach links auf die Straße An der Soltauer Bahn. Hier kommen wir am Gelände der „Arbeitsgemeinschaft Verkehrsfreunde Lüneburg (AVL)“ vorbei, die hier einige historische Eisenbahnwagen abgestellt hat, die auf eine Restaurierung warten. Am Ende der Wagons unterqueren wir wieder eine der Brücken, die wir von der anderen Seite bereits kennen und treffen hier wieder auf das Flussufer der Ilmenau.
Rechts von uns befindet sich das Neubaugebiet Ilmenaugarten, das auf dem Gelände eines ehemaligen Güterbahnhofs entstanden ist. Am barrierefreien Aufgang zum Viertel rechts von uns biegen wir nach links über das Sperrwerk ab und kommen so auf die andere Seite des Lösegrabens, der hier von der Ilmenau abgezweigt wird. Zu unserer Linken sehen wir wieder den Biergarten mit Tretbootverleih und Ladestation für Elektrofahrräder, an dem wir beim Herausfahren aus der Stadt vorbeigekommen sind. Der Lösegraben stellt einen geraden, etwa ein Kilometer langen, künstlichen Umfluter dar, der vor über 150 Jahren zum Schutz des Stadtgebiets vor Überflutungen und Hochwasserschäden angelegt wurde. Das Wehr garantiert der Ilmenau ausreichend Wasserzufluss. Bei der Überquerung des Wehrs können wir bereits das Museum Lüneburg erblicken.
Wir fahren rechts weiter, hinunter zum Ufer des Lösegrabens. Hier werden wir auf einem recht neuen Radweg unterhalb des verkehrsreichen Stadtrings am Ufer entlanggeführt. Sobald der Lüneburger Bahnhof ausgeschildert ist, gibt es die Möglichkeit, über eine Treppe mit Fahrradrinne „auszusteigen“ und wieder in Richtung Innenstadt und Stintmarkt abzubiegen. Somit wird die Südschleife beendet. Diejenigen, die die Nordroute nach Bardowick noch dranhängen wollen, fahren weiter geradeaus, bis der Weg nach links unter der Bockelmannstraße hindurchführt und auf der anderen Seite rechtsseitig die Reichenbachstraße auftaucht. Diese fahren wir bis hinter die Brücke entlang.
Die Nordschleife: Natur und Wirtschaft – von Nutzungskonflikten und Nachhaltigkeit
Auf der nördlichen Seite der Reichenbachbrücke startet die Nordschleife. Wenn wir diese von der Südroute aus kommend überquert haben, biegen wir nach rechts über die Auffahrt zum Parkplatz ein und fahren dann hinunter ans Ufer. Bis zu dieser Stelle ist die Ilmenau von der Elbe aus für Motorboote schiffbar. Wir holpern oder schieben unser Fahrrad ein Stück über das Kopfsteinpflaster, mit der Ilmenau zu unserer Rechten und gelangen bald auf einen weißen Weg, den Treidelpfad. Dieser führt uns nun wieder auf den offiziellen Ilmenau-Radweg, der direkt am Ufer entlang bis nach Bardowick führt.
Zwischenzeitlich zeigen die beiden Seiten des Weges sehr gegensätzliche Eindrücke: Rechts der Fluss in seiner naturnahen Schönheit, links das Industriegebiet mit hohen Stapeln von Getränkekisten. Hier füllt ein namhaftes Getränkeunternehmen, das vor allem durch seine Softdrinks bekannt ist, Grundwasser in Flaschen ab und verkauft das geschätzte Lüneburger Leitungswasser deutschlandweit. Der enorme Gewinn, den das private Unternehmen mit der Ressource Grundwasser erzielt, ist nicht ganz unbedenklich, wie der NABU und die Anfang 2020 gegründete Bürgerinitiative „Unser Wasser“ zu Bedenken geben.
Die NABU-Kreisgruppe Lüneburg prangerte schon in anderen Zusammenhängen an, dass die FFH-Richtlinie sowie die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) an der Ilmenau nicht richtig umgesetzt würden und der Umgebungsschutz für die Uferzonen nicht zur Geltung käme. Auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit hält die Entnahme von Grundwasser grundsätzlich für „heikel“, da sie den Gebietswasserhaushalt gefährden kann. Die Sorge ist, dass sich der in den letzten Jahren durch die Dürren gesunkene Grundwasserspiegel nicht erholen wird. Dies hätte negative Konsequenzen für grundwasserabhängige Lebensräume, wie die Veränderung der Bodenstruktur oder die Freisetzung von Stickstoff und die Überdüngung infolge von Mineralisierung. Hier zeigen sich die Auswirkungen des Klimawandels bereits direkt vor unserer Haustür. Eine zusätzliche Entnahme von Grundwasser für privatwirtschaftliche Zwecke sowie ein größerer Bedarf zur Bewässerung in der Landwirtschaft könnten zu einem ernsten Nutzungskonflikt in Niedersachsen führen, wie auch der Oldenburgisch-Ostfriesische Wasserverband warnt.
Die zuständigen Behörden im Landkreis Lüneburg sahen im Sommer 2019 jedoch noch keinen Grund zur Besorgnis bezüglich der 250 Millionen Flaschen abgefüllten Trinkwassers. Seit 2019 ist der Konzern sogar auf der Suche nach einem Standort für einen dritten Brunnen. Dann sollen jährlich nicht mehr 350.000 Kubikmeter Wasser gefördert werden, sondern die doppelte Menge. Ob dies noch einer nachhaltigen Nutzung entspricht, ist fraglich, auch aus wirtschaftlicher Sicht. Wie es das Memorandum „Ökonomie für den Naturschutz“ formuliert: „Ökonomisch gesehen ist Natur ein Vermögen, das es zu erhalten gilt. Wir müssen von den Zinsen leben und dürfen es nicht verbrauchen.“
Weiter geht es auf unserer Ilmenau-Radtour und nun wird der Weg wieder grüner. Kurz bevor wir nach Bardowick kommen, beginnt links vom Weg Ackerland und wir treffen in einer Biegung auf den letzten Naturinformationspunkt (NIP 23) zum Thema „Ein Altarm für den Fischotter“. Solche Altarme und Altwasser, die gerne von Fischottern zum Erbeuten ihrer Nahrung genutzt werden, gehören zur natürlichen Lebensraumvielfalt der Auenlandschaft. Durch die Begradigung und Befestigung der Ufer für eine bessere Schiffbarkeit sowie zum Hochwasserschutz können diese heute kaum noch auf natürlichem Wege neu entstehen.
Bardowick
Vorbei an der Bardowicker Schleuse sowie am Wohngebiet fahren wir bis zur grünen Ilmenau-Brücke. Dort verabschieden wir uns endgültig vom Fluss und vom offiziellen Ilmenau-Radweg. Stattdessen biegen wir nach links auf die Große Brückenstraße, gleich wieder rechts auf die Kleine Brückenstraße (Radwegschild Nummer 2), kurz nach rechts auf die Huderstraße und gleich wieder links auf die Schulstraße, bis zum Dom zu Bardowick St. Peter und Paul. Diesen umrunden wir auf der U-förmigen Straße Beim Dom einmal, um dann nach links auf die Mühlenstraße abzubiegen, der wir bis zu ihrer Namensgeberin „Meyers Windmühle“ folgen.
Gegenüber der Mühle, auf der anderen Straßenseite, folgen wir dem Radwegschild Nummer 1 über die Straße Hinterm See. Am Ende der Straße biegen wir nach rechts auf Im Sande und bleiben links auf der Hamburger Landstraße. Auf Höhe des Discounters Penny überqueren wir die Straße und erreichen über den Ilmer Weg den Bahnhof von Bardowick, von wo aus etwa stündlich ein Zug mit Fahrradabteil nach Lüneburg fährt. Hier unterqueren wir die Gleise und überqueren auf der anderen Seite den Vögelser Weg. Diesem folgen wir kurz nach links und fahren dann ein kleines Stück am Lärmschutzwall der A39 entlang. Über eine kleine Brücke überqueren wir den Landwehrgraben, der uns über einen Schotterweg zwischen Feldern nach Ochtmissen führt.
Wir treffen auf den Imkerstieg, folgen ihm nach links durch die Siedlung und biegen am Edgar-Schaub-Platz rechts ab. Dann folgen wir dem Brückensteig, bis die Bebauung linksseitig der Straße aufhört. Hier nutzen wir die Fußgängerinsel und biegen auf der anderen Straßenseite auf den Kossenweg nach rechts in den Wald ein. Am Ende des Waldes treffen wir auf den „Arche-Park“ des SCHUBZ Umweltbildungszentrums der Stadt Lüneburg, ein Tiergehege mit bedrohten Nutztierrassen.
Boden in Bewegung: Das Senkungsgebiet
Wenn wir im „Arche-Park“ des SCHUBZ genug von den Weißen Hornlosen Heidschnucken, Rotbunten Husumer Schweinen, Deutschen Lachshühnern und ihren Gefährten haben, geht es rechts an der Straße Ochtmisser Kirchsteig zurück nach Lüneburg. Das letzte Stück der Straße führt bergab, die dortige Geschwindigkeitsbegrenzung liegt bei 20 km/h. Der Grund dafür ist die Schonung der schief stehenden Häuser des hier beginnenden Senkungsgebiets. Am Ende der Straße angekommen, umrunden wir den Kreisverkehr fast komplett, um dann auf die Lauensteinstraße abzubiegen. An deren Ende fahren wir über die Fußgängerampel in den Scunthorpepark, der wegen der angrenzenden Frommestraße auch „Frommepark“ genannt wird. Auf der linken Seite lohnt sich ein kurzer Blick auf die Tafel zu den Senkungsschäden sowie zu den denkmalgeschützten Gründerzeithäuser, die hier zuletzt 2012 abgerissen werden mussten. Die Informationstafel vermittelt einen Eindruck der Schattenseite des unter Lüneburg liegenden Salzes, das die Stadt einst reich gemacht hat.
Am Ende des Parks überqueren wir die Bastionstraße und fahren geradeaus über den Radweg auf einen Spielplatz zu. Dann folgen wir linksseitig dem Park Liebesgrund. Am Ende des Parks geht es erst kurz nach rechts über die Bardowicker Straße, dann links auf die Lüner Straße, vorbei an der Kirche St. Nicolai. Nun befinden wir uns schließlich wieder am Stintmarkt, an dem wir auch gestartet sind. Dort haben wir die Möglichkeit, in einem der Cafés oder Restaurants unsere Ilmenau-Radtour abzuschließen. Darunter befindet sich auch das Geburtshaus des Soziologen Niklas Luhmann, der besonders durch seine Systemtheorie bekannt wurde. Bei Kaffee und Kuchen können wir noch einmal über alle Eindrücke unserer Ilmenau-Radtour nachdenken und die schöne Kulisse des Alten Hafens in Lüneburg genießen.